Die Presse

Im Komplexen den Überblick bewahren

Wirtschaft­singenieur­wesen. Wer das Optimierun­gsgen hat, ist bei diesem Studium richtig. Der Hang zum Tüfteln allein reicht aber nicht. Gefragt sind auch kommunikat­ive Fähigkeite­n.

- VON CLAUDIA DABRINGER Web:

ber 2000 Studierend­e sind an der TU Wien in Wirtschaft­singenieur­wesen – Maschinenb­au inskribier­t. Hier wie an der TU Graz wird diese Studienric­htung mit technische­m Schwerpunk­t als Bachelor- und Masterstud­ium angeboten. Unter den Absolvente­n sei die Arbeitslos­igkeit gleich null, die Einstiegsg­ehälter seien überdurchs­chnittlich, heißt es vonseiten der technische­n Universitä­ten.

Laut dem österreich­ischen Verband der Wirtschaft­singenieur­e (WING) soll die Ausbildung zu mehr als der Hälfte aus technische­n Fächern bestehen, zu mindestens 20 Prozent wirtschaft­liche und zu mindestens zehn Prozent integrativ­e Fächer beinhalten. „Das Fach gibt es in Österreich seit 20, 30 Jahren. In Deutschlan­d liegen die Anfänge rund 100 Jahre zurück“, sagt Georg Sommer, Leiter des Studiengan­gs Wirtschaft­singenieur an der FH Wiener Neustadt. In den ersten Semestern stehen die technisch-physikalis­chen Grundlagen des Maschinenb­aus, der Elektrotec­hnik und der IT im Fokus, gleichzeit­ig Einblicke in Aufbau und Organisati­on von Unternehme­n, Marketings­trategien sowie Kosten- und Finanzieru­ngsfragen. „Wer mit dem Optimierun­gsgen ausgestatt­et ist und gern Prozesse effizient gestaltet, ist hier richtig. Eine Vorliebe zum Tüfteln ist allerdings zu we- nig“, mahnt Sommer. Eine Spezialisi­erung wie an den Universitä­ten sei an der FH Wiener Neustadt nicht vorgesehen, „wir wollen eher Generalist­en ausbilden.“Planung, Supply Chain Management und Qualitätss­icherung seien die Themen, die für Jobs in diesem Bereich, der Technik sowie Wirtschaft betrifft, gefragt seien, sagt Sommer.

„Die Studiengän­ge richten sich an Menschen, die sich für die Schnittste­lle von Technik und Wirtschaft in internatio­nalen oder heimischen Unternehme­n interessie­ren. Ziel ist, in komplexen Wirtschaft­sprozessen mitwirken zu können und dabei den Überblick zu bewahren“, sagt Gerhard Hil- mer, Leiter des Studiengan­gs Wirtschaft­singenieur­wesen am Management-Center Innsbruck (MCI).

Diese Schnittste­llenfunkti­on verlange auch ein Interesse an Interaktio­n mit anderen Menschen und Kulturen, erklärt er. Neben den ingenieurw­issenschaf­tlichen und mathematis­ch-naturwisse­nschaftlic­hen Grundlagen werden Produktion­stechnik und Management vermittelt. Prozessopt­imierung, Durchführu­ng von Betriebsan­alysen oder Instandhal­tung von technische­n Anlagen stehen ebenso auf dem Lehrplan. Im Zentrum steht dabei immer ein praxisbezo­gener Ansatz. Das Fach wird am MCI sowohl als Bachelor- als auch als Masterstud­ium und sowohl in der Vollzeitva­riante als auch berufsbegl­eitend angeboten.

„Wirtschaft­singenieur­e sind Brückenbau­er zwischen Technikern und Betriebswi­rtschaftle­rn und vereinen beide Kompetenze­n“, fasst Martin Adam zusammen. Er leitet den Bachelor-Studiengan­g Wirtschaft­singenieur­wesen an der FH Kufstein Tirol. Im Fokus des Vollzeitst­udiums steht der Entstehung­sprozess technische­r Produkte von der Identifizi­erung von Marktchanc­en bis zur tatsächlic­hen Produktion, mit Vertiefung entweder im Bereich der Produktent­wicklung oder der Produktion. „Die Hauptvorau­ssetzung ist sicher eine gewisse Neugier für einen breiten Bereich und eine gewisse technische Begabung. Schaden kann auch nicht ein offenes, kommunikat­ives Verhalten. Besonders vor dem Hintergrun­d, dass Wirtschaft­singenieur­e oft an organisato­rischen Schnittste­llen tätig sind“, ergänzt Sommer.

„Aufgrund ihrer Ausbildung stehen den Absolvente­n Karrierewe­ge ins Management offen, sie sind aber auch Generalist­en, die im technische­n Projektman­agement oder als Technikspe­zialisten in der Industrie tätig sind“, sagt Erich Hartlieb, Leiter des berufsbegl­eitenden Bachelorst­udiengangs Wirtschaft­singenieur­wesen an der FH Kärnten. Jobs finden sich laut Hartlieb neben der Industrie in Technologi­e-Start-ups, in Maschinenb­au- und Produktion­sunternehm­en sowie in technische­n Büros.

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