Glatzenbau und Wundenschminken
Maskenbildner. Sie sorgen für krumme Nasen, Narben oder aufwendige Perücken: Maskenbildner an Theatern und im Film. Seit Herbst kann der Beruf als Lehre erlernt werden.
Stolz führt Zarah Bugnar durch die Werkstätte der Wiener Staatsoper. Die 18-Jährige gehört zu den österreichweit sechs Lehrlingen, die sich erfolgreich für die neue Lehre zur Maskenbildnerin beworben haben. Seit September schminkt und frisiert sie – 40 Stunden die Woche, oft bis 22 Uhr abends, bei Bedarf auch an den Wochenenden. „Es ist zwar anstrengend, aber dafür verdiene ich Geld und lerne, was mir Spaß macht.“
Ihren Arbeitsplatz teilt sie sich mit den etablierten Maskenbildnerinnen des Hauses. Den Wunsch, Maskenbildnerin zu werden, hatte Bugnar schon lang. Bis jetzt gab es aber nur die Möglichkeit einer kostenpflichtigen Akademie im Ausland oder jene, den klassischen Weg zu gehen: die Ausbildung zur Friseurin zu machen und dann als Aushilfe im Theater zu beginnen. Umso mehr freute sie sich, als ihr Vater, selbst als Techniker am Burgtheater, sie auf die neue Lehre hinwies. Hier dreht sie Haare ein, schminkt Kinder und übt Perücken zu knüpfen. „Ich darf überall mithelfen und lerne unglaublich viel.“
Erster Anlauf schon 1990
Nach jahrelangen Verhandlungen wurde nun der neue Lehrberuf umgesetzt und damit der Forderung der WKO in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft (ÖTHG) nachgegeben. Treibende Kraft bei der Konzeption dieser neuen Lehre war Herbert Zehetner, Maskenbildner im Ruhestand. Als Vorsitzender des Maskenbildner-Fachverbands der ÖTHG brachte Zehetner den ersten Antrag für den Lehrberuf bereits 1990 ein. Erst im Sommer dieses Jahres wurde die nun beschlossene Ausbildungsordnung im „Bundesgesetzblatt Lehrberuf: Maskenbildner/in“veröffentlicht.
Es sei „höchste Zeit“gewesen, den Beruf in Österreich zu verankern, sagt Zehetner. „Österreich hatte bis jetzt einen Wettbewerbsnachteil. Man musste nach Deutschland gehen, um sich zum Maskenbildner ausbilden zu lassen.“
Bisher reichte hierzulande eine Friseurlehre aus, um als Maskenbildner zu arbeiten. Dass dies mittlerweile nicht mehr möglich ist, hält auch Michaela Pokorny, Direktorin der Wiener Berufsschule für Frisur, Maske & Perücke, für richtig: „Maskenbildner und Friseure sind artverwandte Berufe. Friseure arbeiten nur im Beautybereich. Beim Maskenbild geht es aber weit über das Schminken hinaus. Es geht um Charakterveränderungen, darum, den Körperbau eines Menschen zu verändern. Das kann man nicht vergleichen.“
Berufsschule startet im Jänner
Die Berufsschüler, die im Jänner mit dem ersten zehnwöchigen Ausbildungsblock starten, werden nach einem kompetenzorientierten Lehrplan im Ausmaß von 1260 Stunden innerhalb von drei Jahren an der Berufsschule unterrichtet. Auf dem Stundenplan stehen das Anfertigen von Gipsköpfen, Glatzen und Wunden, Formenbau, Airbrush-Übungen, Vulkanisieren oder Fachzeichnen. Maskenbild- ner erlernen außerdem alle historischen und zeitgenössischen Frisur- und Schminktechniken.
An der Berufsschule bemüht man sich nun, das Lehrpersonal auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. Seit einem Jahr hält Herbert Zehetner Workshops, um die Friseure und Visagisten weiterzubilden.
Bis jetzt verzeichnet die Berufsschule sechs Anmeldungen, Lehrbetriebe sind neben der Wiener Staatsoper die Wiener Volksoper, das Theater in der Josefstadt, das Landestheater Linz oder das Stadttheater Klagenfurt.
Für Theater überraschend
Beate Krainer, Maskenchefin an der Wiener Staatsoper, stand der neuen Lehre anfangs mit gemischten Gefühlen gegenüber. „Für uns kam das alles ein bisschen plötzlich. Ich habe das Gefühl, als hätte man bei der Konzeption der Lehre ein bisschen die Theater vergessen. Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden und nicht wirklich eingebunden worden“, kritisiert sie die Vorgangsweise. Es sei ressourcentechnisch herausfordernd, einen Lehrling auszubilden, vor allem dürfe der reguläre Arbeitsbetrieb nicht beeinträchtigt werden. Mit Bugnar als Lehrling sei Krainer allerdings „überglücklich“. „Zarah ist zum Glück selbstständig und reif. Sie packt an und fragt nach. Wenn wir eine Stelle in der Maske zu vergeben haben, ist Zarah sicherlich ganz hoch im Kurs. Sie kennt unsere Abläufe und ist für uns schon jetzt eine vollwertige Arbeitskraft.“