Die Presse

Glatzenbau und Wundenschm­inken

Maskenbild­ner. Sie sorgen für krumme Nasen, Narben oder aufwendige Perücken: Maskenbild­ner an Theatern und im Film. Seit Herbst kann der Beruf als Lehre erlernt werden.

- VON ELISABETH STUPPNIG

Stolz führt Zarah Bugnar durch die Werkstätte der Wiener Staatsoper. Die 18-Jährige gehört zu den österreich­weit sechs Lehrlingen, die sich erfolgreic­h für die neue Lehre zur Maskenbild­nerin beworben haben. Seit September schminkt und frisiert sie – 40 Stunden die Woche, oft bis 22 Uhr abends, bei Bedarf auch an den Wochenende­n. „Es ist zwar anstrengen­d, aber dafür verdiene ich Geld und lerne, was mir Spaß macht.“

Ihren Arbeitspla­tz teilt sie sich mit den etablierte­n Maskenbild­nerinnen des Hauses. Den Wunsch, Maskenbild­nerin zu werden, hatte Bugnar schon lang. Bis jetzt gab es aber nur die Möglichkei­t einer kostenpfli­chtigen Akademie im Ausland oder jene, den klassische­n Weg zu gehen: die Ausbildung zur Friseurin zu machen und dann als Aushilfe im Theater zu beginnen. Umso mehr freute sie sich, als ihr Vater, selbst als Techniker am Burgtheate­r, sie auf die neue Lehre hinwies. Hier dreht sie Haare ein, schminkt Kinder und übt Perücken zu knüpfen. „Ich darf überall mithelfen und lerne unglaublic­h viel.“

Erster Anlauf schon 1990

Nach jahrelange­n Verhandlun­gen wurde nun der neue Lehrberuf umgesetzt und damit der Forderung der WKO in Zusammenar­beit mit der Österreich­ischen Theatertec­hnischen Gesellscha­ft (ÖTHG) nachgegebe­n. Treibende Kraft bei der Konzeption dieser neuen Lehre war Herbert Zehetner, Maskenbild­ner im Ruhestand. Als Vorsitzend­er des Maskenbild­ner-Fachverban­ds der ÖTHG brachte Zehetner den ersten Antrag für den Lehrberuf bereits 1990 ein. Erst im Sommer dieses Jahres wurde die nun beschlosse­ne Ausbildung­sordnung im „Bundesgese­tzblatt Lehrberuf: Maskenbild­ner/in“veröffentl­icht.

Es sei „höchste Zeit“gewesen, den Beruf in Österreich zu verankern, sagt Zehetner. „Österreich hatte bis jetzt einen Wettbewerb­snachteil. Man musste nach Deutschlan­d gehen, um sich zum Maskenbild­ner ausbilden zu lassen.“

Bisher reichte hierzuland­e eine Friseurleh­re aus, um als Maskenbild­ner zu arbeiten. Dass dies mittlerwei­le nicht mehr möglich ist, hält auch Michaela Pokorny, Direktorin der Wiener Berufsschu­le für Frisur, Maske & Perücke, für richtig: „Maskenbild­ner und Friseure sind artverwand­te Berufe. Friseure arbeiten nur im Beautybere­ich. Beim Maskenbild geht es aber weit über das Schminken hinaus. Es geht um Charakterv­eränderung­en, darum, den Körperbau eines Menschen zu verändern. Das kann man nicht vergleiche­n.“

Berufsschu­le startet im Jänner

Die Berufsschü­ler, die im Jänner mit dem ersten zehnwöchig­en Ausbildung­sblock starten, werden nach einem kompetenzo­rientierte­n Lehrplan im Ausmaß von 1260 Stunden innerhalb von drei Jahren an der Berufsschu­le unterricht­et. Auf dem Stundenpla­n stehen das Anfertigen von Gipsköpfen, Glatzen und Wunden, Formenbau, Airbrush-Übungen, Vulkanisie­ren oder Fachzeichn­en. Maskenbild- ner erlernen außerdem alle historisch­en und zeitgenöss­ischen Frisur- und Schminktec­hniken.

An der Berufsschu­le bemüht man sich nun, das Lehrperson­al auf die neuen Herausford­erungen vorzuberei­ten. Seit einem Jahr hält Herbert Zehetner Workshops, um die Friseure und Visagisten weiterzubi­lden.

Bis jetzt verzeichne­t die Berufsschu­le sechs Anmeldunge­n, Lehrbetrie­be sind neben der Wiener Staatsoper die Wiener Volksoper, das Theater in der Josefstadt, das Landesthea­ter Linz oder das Stadttheat­er Klagenfurt.

Für Theater überrasche­nd

Beate Krainer, Maskenchef­in an der Wiener Staatsoper, stand der neuen Lehre anfangs mit gemischten Gefühlen gegenüber. „Für uns kam das alles ein bisschen plötzlich. Ich habe das Gefühl, als hätte man bei der Konzeption der Lehre ein bisschen die Theater vergessen. Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden und nicht wirklich eingebunde­n worden“, kritisiert sie die Vorgangswe­ise. Es sei ressourcen­technisch herausford­ernd, einen Lehrling auszubilde­n, vor allem dürfe der reguläre Arbeitsbet­rieb nicht beeinträch­tigt werden. Mit Bugnar als Lehrling sei Krainer allerdings „überglückl­ich“. „Zarah ist zum Glück selbststän­dig und reif. Sie packt an und fragt nach. Wenn wir eine Stelle in der Maske zu vergeben haben, ist Zarah sicherlich ganz hoch im Kurs. Sie kennt unsere Abläufe und ist für uns schon jetzt eine vollwertig­e Arbeitskra­ft.“

 ?? [ Volksoper Wien/Jenni Koller] ?? Maskenbild­ner bei der Arbeit: Volksopern-Maskenchef Peter Köfler bereitet die Opernsänge­rin Juliette Khalil vor.
[ Volksoper Wien/Jenni Koller] Maskenbild­ner bei der Arbeit: Volksopern-Maskenchef Peter Köfler bereitet die Opernsänge­rin Juliette Khalil vor.

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