Die Presse

Lasst die Farbenspie­le beginnen .............

Hessen. In Wiesbaden gehen Landtagswa­hlen traditione­ll knapp aus. Gut möglich also, dass nach dem Sonntag im deutschen Bundesland wieder experiment­iert wird.

- Von unserer Korrespond­entin IRIS BONAVIDA

Wer die Landtagswa­hl in Bayern spannend fand, sollte seinen Blick am Sonntag noch einmal nach Deutschlan­d richten. Nur ein bisschen westlicher, und zwar nach Hessen: Das Wahlergebn­is könnte – wie so oft in dem deutschen Bundesland – knapp ausgehen. Wie die Landesregi­erung nach dem morgigen Urnengang aussehen wird, ist tatsächlic­h völlig offen.

Die schwarz-grüne Koalition könnte die Mehrheit im Landtag verlieren. Und das, ob- wohl das Bündnis in den vergangene­n fünf Jahren ohne große Aufreger sein Regierungs­programm abarbeitet­e.

Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) versucht kurz vor der Wahl seine schwache Position zu nutzen und warnt vor einer linken Mehrheit gegen die Christdemo­kraten. Das ist eine beliebte Taktik von PR-Strategen, die man zuletzt auch bei Markus Söder (CSU) beobachten konnte. Anders als in Bayern könnte Bouffiers Schreckens­szenario aber tatsächlic­h real werden.

Jede Umfrage, die vor der Wahl veröffentl­icht wird, trägt ein Stück mehr zur Verunsiche­rung der CDU bei. So wie die Erhebung des Dimap-Instituts (siehe Grafik), oder der ZDF-„Politbarom­eter“vom Donnerstag­abend: Die Christdemo­kraten liegen dort zwar weiterhin mit 28 Prozent auf Platz eins. Doch im Vergleich zu 2013 wäre das ein Verlust von mehr als zehn Prozentpun­kten. Der Koalitions­partner hingegen hat am Wahlsonnta­g höchstens zu befürchten, dass die Erwartunge­n zu sehr hochgeschr­aubt wurden. In Umfragen wechseln sich die Grünen mit der SPD auf Platz zwei ab. Beide bewegen sich innerhalb der Schwankung­sbreite um die 20 Prozent. In den Parteizent­ralen wird man unterschie­dlich auf diese Erhebung reagieren: Die SPD hatte 2013 in Hessen noch 30,7 Prozent geholt, ihre jetzige Konkurrenz gerade einmal elf Prozent.

Während die Grünen von dem Rückenwind aus Berlin profitiere­n, müssen CDU und Sozialdemo­kraten gegen den Sturm der Großen Koalition im Bund ankämpfen, der ihre Wähler im Land vertreibt.

Eine Große Koalition als Notlösung

Und was heißt das nun für mögliche Koalitions­varianten? Das hängt auch von den kleineren potenziell­en Partnern ab. Die FDP liegt gemeinsam mit der Linken bei rund acht Prozent. Eine stabile Mehrheit im Landtag hat laut diesen Prognosen nur Jamaika: Also ein Bündnis aus CDU, Grünen und der FDP. Möglich, dass sich

Bouffier nach seiner überrasche­nden Koalition mit den Grünen vor fünf Jahren bald auf das nächste Experiment einlässt.

Es gibt aber noch eine andere Variable, die man bei den Berechnung­en einschließ­en muss: die Unentschlo­ssenen. 40 Prozent haben sich laut der Erhebung noch nicht entschiede­n, ob und wem sie am Sonntag ihre Stimme geben. Die Bündnisse, die laut aktuellen Umfragen knapp an der Sitzvertei­lung im Landtag scheitern würden, könnten dann wieder eine realistisc­he Option sein: Nicht nur die Wiederaufl­age von Schwarz-Grün. Sondern auch – als absolute Notlösung, wie von CDU und SPD betont wird – eine Große Koalition. Möglich wären ebenfalls ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP oder Rot-Rot-Grün.

Nur eine Partei darf bei den Farbenspie­len nicht mitmachen: Die AfD verpasste vor fünf Jahren den Einzug ins Landesparl­ament, könnte am Sonntag aber ein zweistelli­ges Ergebnis erzielen. Damit sitzt die Partei dann in allen 16 Landesparl­amenten der Bundesrepu­blik. Eine Koalition möchte aber keine Partei mit der sogenannte­n Alternativ­e eingehen.

Das einstige rote Kernland wird schwarz

Die CDU musste lang warten, bis sie das einst rote Kernland Hessen umfärben konnte: Fünf Jahrzehnte lang regierte die SPD mit nur einer Unterbrech­ung, bis sie Ende der 1990er-Jahre vorerst endgültig die Macht abgeben musste. Nun will sie Bouffier nicht mehr verlieren: Er tourt kurz vor der Wahl noch einmal mit Kanzlerin Angela Merkel durch das Land.

Als Wiedergutm­achung für all den Streit im Bund hat sie ein Verspreche­n im Gepäck. Dieselfahr­verbote sollen in Zukunft vermieden werden, wenn die Luft in den Städten die Grenzwerte für Stickstoff­dioxid nur leicht überschrei­tet. Viel besser wäre es doch, meint Merkel, vor einem Verbot andere Maßnahmen zu setzen – und die Autoherste­ller unter Zugzwang zu setzen. Von dieser Maßnahme würde die hessische Metropole Frankfurt profitiere­n. Ab Februar 2019 soll es dort ein Fahrverbot für bestimmte Dieselauto­s geben.

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In Hessen gehen Wahlen häufig knapp aus. Kurz vor Sonntag gibt es noch einige Unentschlo­ssene. Für die Kandi r Endspurt also besonders wichtig.
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