Die Wandlung des Landesvaters
Porträt. Hessens Ministerpräsident, ein eher behäbiger Landesvater, mutierte vom Scharfmacher und Vasall Roland Kochs zum Merkelianer.
In der hessischen CDU, geprägt von Hardlinern wie dem erzkonservativen Alfred Dregger und dem nicht um schmutzige Tricks verlegenen Roland Koch, ging es oft robust zur Sache. Diese Schule durchlief Volker Bouffier – als Innenminister ein Scharfmacher. Umso mehr überraschte er, als er 2013 als Ministerpräsident ein schwarz-grünes Experiment einging. Er formte aus der stramm rechten CDU eine bürgerlich-liberale Partei.
Manches war gewöhnungsbedürftig, wie die Idee der Grünen für Radschnellwege. Die Harmonie mit Tarek Al-Wazir, seinem grünen Regierungspartner, verwunderte Bouffier dann aber selbst. „Wir haben gezeigt, dass man ohne Krawall sehr erfolgreich regieren kann“, sagte er an die Adresse der Koalition in Berlin.
Just am Tag der Bayern-Wahl machte der 66-Jährige die Urheber für das Stimmungstief für seine CDU im hessischen Wahlkampf aus: Horst Seehofer und die CSU. „Der Wahl- kampf ist komplett von Berlin überlagert.“Im Endspurt versuchte die CDU, noch einmal alles in die Wahlschlacht zu werfen. „Jetzt geht’s um Hessen“, lautete der trotzige Tenor. Oder: „Hessen ist anders.“Oder auch: „Hessen ist Hessen.“
Bouffier, ein eher behäbiger Landesvater mit Hang zur Bonhomie, weitschweifenden Ausführungen und Zigarillos, probte den Spagat: Er wollte sich vom negativen Bundestrend abkoppeln und zugleich loyal zur Kanzlerin stehen. Als einer ihrer CDU-Stellvertreter mutierte der ehemalige Vasall Roland Kochs, eines deklarierten Merkel-Gegners, zum Merkelianer. An seinem Wahlerfolg hängt auch das Schicksal Angela Merkels: Ein Absturz Bouffiers könnte die Kanzlerin mit in den Abgrund reißen.
Um ein Fiasko – den Machtverlust – abzuwenden, zog der Ministerpräsident Seite an Seite mit Merkel ins Wahlkampffinale. Eine Generalmobilmachung, gleichermaßen gegen Rot-Rot-Grün und die AfD. (vier)