Auf der grünen Erfolgswelle
Öko-Partei. Tarek Al-Wazir profilierte sich als Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister und avancierte zum populärster Politiker. Ihm nützt auch der Bundestrend.
Wien/Wiesbaden. Der „letzte Live-Rock-’n’Roller der deutschen Politik“, so seine Eigendefinition beim Abschied vor 13 Jahren, gab jüngst ein kurzes Comeback im hessischen Wahlkampf – und Joschka Fischer zeigte sich zufrieden mit der Nachfolgegeneration. In Frankfurt/Main, seiner früheren Wirkungsstätte, stieg der Ex-Außenminister, Berater und Welterklärer an der Seite der Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock noch einmal für die Grünen in den Ring.
Nicht, dass die Öko-Partei die prominente Unterstützung nötig gehabt hätte. Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir schickt sich an, ein fulminantes Ergebnis zu erzielen. Umfragen attestieren den Grünen um die 20 Prozent, sie liefern sich ein Duell mit der SPD um Platz zwei: „Tarek statt GroKo“, lautet die Devise der auf den Spitzenmann ausgerichteten Kampagne.
Wie die Bayern-Grünen surft er auf einer Erfolgswelle, segelt im Umfragehoch des Bundestrends und fischt im Revier von CDU und SPD. „Das Chaos in Berlin hilft uns, uns als seriöse, konstruktive Alternative darzustellen“, analysiert der Politologe Al-Wazir. An der Spitze einer rot-rot-grünen Koalition könnte der 47-Jährige gar das Amt des Regierungschefs erobern. Davon will der Sohn eines jemenitischen Diplomaten aber nichts wissen. Er dämpft die Erwartungen: „Stimmungen sind keine Stimmen.“
Ein ungleiches Duo
Vor fünf Jahren sorgte die CDU für Furore, als sie eine Koalition mit den Grünen bildete – jene Partei, die 2008 unter Hinweis auf das linke Schreckgespenst und ihre Spitzenkandidaten noch propagiert hatte: „Ypsilanti, Wazir und die Kommunisten stoppen.“Die Kür einer rot-rot-grünen Koalition scheiterte danach aber grandios.
Inzwischen hat es Tarek Al-Wazir als Wirtschafts- und Verkehrsminister zum populärsten Politiker zwischen Kassel und Darmstadt gebracht. Er hatte seine Abneigung gegen die einstige Stahlhelmfraktion der Hessen-CDU überwunden, in der Volker Bouffier seine Sporen als Innenminister und „schwarzer Sheriff“verdient hat. Die schwarz-grüne Koalition unter Bouffier/AlWazir funktionierte erstaunlich reibungslos, und am liebsten würde das ungleiche Duo die Regierung weiterführen. Es hatte die erste schwarz-grüne Koalition in einem deutschen Flächenland etabliert.
Hessen war oft Politlabor: 1985 hob es die erste rot-grüne Koalition aus der Taufe, mit Joschka Fischer als Umweltminister, dessen weiße Turnschuhe von der Angelobung im Museum gelandet sind. Die Grünen sind bürgerlich geworden, und er konstatiert in der „NZZ“: „Die kulturelle Mauer zwischen den Milieus ist eingerissen.“