Die Presse

Umstellung der Zeit? Bitte warten!

EU-Treffen. Das Aus der Zeitumstel­lung kommt erst 2021. Muss Österreich Normalzeit wählen?

- VON WOLFGANG BÖHM Wir werden aber sicherlich keine einheitlic­he Zeit in ganz Europa einführen. Violeta Bulc, EU-Verkehrsko­mmissarin

EU Eine Notklausel soll das Chaos um das Ende der Sommerzeit verhindern.

Die Suche nach einer Lösung für das Ende der Zeitumstel­lung in der EU droht in einem Chaos zu enden. Zu unterschie­dlich sind einstweile­n noch die Wünsche der Mitgliedst­aaten. Die EU-Verkehrsmi­nister haben sich deshalb bei einem Treffen in Graz auf zwei Maßnahmen geeinigt: Zum einen soll den Regierunge­n länger Zeit gegeben werden, sich mit ihren wichtigste­n EU-Partnern abzustimme­n. Zum anderen wurde eine Notklausel beschlosse­n. „Wir wollen kein Patchwork aus unterschie­dlichen Zeiten“, so Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ).

Das Ende der halbjährig­en Umstellung von Sommer- auf Normalzeit und retour soll also erst 2021 erfolgen und nicht bereits im kommenden Jahr, wie Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker angekündig­t hatte. Sollten die Mitgliedst­aaten bis dahin keine harmonisie­rte Lösung finden – also ein chaotische­r Zeit-Fleckerlte­ppich drohen –, kann die EU-Kommission die Notbremse ziehen. Sie wird berechtigt, in diesem Fall einen eigenen Vorschlag vorzulegen, der dann durch eine Mehrheitse­ntscheidun­g abgesegnet würde. Das bedeutet: Einzelne Länder könnten gegen ihren Willen gezwungen werden, entweder die permanente Sommer- oder die permanente Normalzeit einzuführe­n. „Wir werden aber sicherlich keine einheitlic­he Zeit in ganz Europa vorschreib­en“, versprach die zuständige EU-Verkehrsko­mmissarin, Violeta Bulc. Laut Hofer, der die Sitzung der Verkehrsmi­nister leitete, sei der Zweck dieser Safeguard-Klausel, „dass sie gar nicht zur Anwendung kommt“. Sie soll lediglich die Kompromiss­bereitscha­ft einzelner Länder erhöhen.

Österreich, so Hofer, habe sich noch nicht festgelegt, ob es die permanente Sommerzeit einführen werde, wie es zunächst geheißen hatte. Denn es gehe darum, sich zuerst eng mit den Nachbarsta­aten abzustimme­n. Dies betrifft in erster Linie Deutschlan­d, das Sympathien für die Sommerzeit geäußert hatte. Aber auch zu Italien oder zu den osteuropäi­schen Nachbarlän­dern soll keine neue Zeithürde entstehen.

Derzeit gibt es in Europa drei Zeitzonen. Eine ganz im Westen (z. B. Portugal, Irland), eine in der Mitte (z. B. Deutschlan­d, Österreich, Italien, Frankreich) und eine im Osten (z. B. Finnland, Bulgarien, Griechenla­nd). Würden nun einzelne Länder in diesen Zeitzonen nach Belieben auf die permanente Sommer- oder Normalzeit umstellen, entstünden weitere Zeitzonen, die den EU-Binnenmark­t fragmentie­rten.

Wie schwierig eine Lösung wird, zeigt sich am Beispiel von Spanien und Portugal, die derzeit in zwei Zeitzonen liegen und künftig dieselbe Zeit einführen wollen. Würde nämlich Spanien deshalb die permanente Normalzeit einführen, während Portugal die Sommerzeit wählt, entstünde möglicherw­eise eine neue Zeithürde zwischen Spanien und Frankreich. Nämlich dann, wenn sich Paris von Berlin überzeugen ließe, die Sommerzeit einzuführe­n. Würden Paris und Berlin hingegen die Normalzeit wählen, müsste wohl auch Österreich mitziehen.

Im Osten gibt es Länder wie Polen, die einem Ende der Zeitumstel­lung überhaupt negativ gegenübers­tehen. Andere wie die irische Regierung wollen zuerst die eigene Bevölkerun­g befragen.

 ?? [ APA ] ?? Verkehrsmi­nister Norbert Hofer: „Die Lösung ist, sich mehr Zeit zu nehmen.“
[ APA ] Verkehrsmi­nister Norbert Hofer: „Die Lösung ist, sich mehr Zeit zu nehmen.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria