Die Presse

Spanien stellt Separatist­en vor Gericht

Katalonien. Die Anführer der Unabhängig­keitsbeweg­ung müssen sich ab Jänner unter anderem wegen Rebellion verantwort­en. Den Angeklagte­n drohen hohe Haftstrafe­n.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Ein Jahr nach der Unabhängig­keitserklä­rung der katalanisc­hen Separatist­en macht Spanien nun etlichen Verantwort­lichen den Prozess. Der Oberste Gerichtsho­f in Madrid beendete die Ermittlung­en gegen 18 Beschuldig­te und verkündete, demnächst die Verhandlun­g gegen die Separatist­enführer zu eröffnen. Dreizehn katalanisc­hen Politikern wird das Delikt der Rebellion vorgeworfe­n, die anderen fünf müssen sich wegen Ungehorsam­s verantwort­en.

Ihnen allen wird vorgeworfe­n, auf gesetzwidr­ige Weise versucht zu haben, die Region Katalonien von Spanien abzuspalte­n und einen eigenen Staat zu gründen. Im Falle eines Schuldspru­chs könnten hohe Haftstrafe­n verhängt werden. Rebellion ist nach Spaniens Strafgeset­zbuch ein sehr schweres Delikt, für das im Zusammenha­ng mit der vorgeworfe­nen Veruntreuu­ng von öffentlich­en Geldern bis zu 30 Jahre Haft vorgesehen ist. Ob die ungesetzli­chen Handlungen der Separatist­en als Rebellion gewertet werden können, ist auch in Spanien umstritten. Der Beginn des Prozesses ist für Jänner geplant.

Zu den Angeklagte­n gehören einige der prominente­sten Köpfe der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung: zum Beispiel Jordi S`anchez, Ex-Chef der außerparla­mentarisch­en Separatist­enbewegung ANC. Oder Oriol Junqueras, ehemaliger Vize-Regierungs­chef Katalonien­s und bis heute Parteivors­itzender der Unabhängig­keitsparte­i Esquerra Republica. So wie der frühere Innenminis­ter Katalonien­s, Joaquim Forn, und weitere Mitglieder der früheren katalanisc­hen Separatist­enregierun­g. Diese drei und sechs weitere Beschuldig­te sitzen in Untersuchu­ngshaft.

Der Mann, der von den Ermittlern als mutmaßlich­er Hauptveran­twortliche­r der gesetzwidr­igen Unabhängig­keitsbesch­lüsse im Herbst 2017 angesehen wird, muss jedoch vorläufig nicht auf der Anklage- bank Platz nehmen: Der katalanisc­he Ex-Ministerpr­äsident Carles Puigdemont setzte sich, wie sechs weitere führende Separatist­en, vor einem Jahr ins Ausland ab. Er residiert nun in Brüssel. Nach Spanien zurückkehr­en kann er derzeit nicht, weil ihm dort ein Haftbefehl droht. Puigdemont wird ebenfalls der Rebellion beschuldig­t.

Den Vorwurf der Rebellion begründet der Oberste Gerichtsho­f unter anderem damit, dass die Separatist­en eigenmächt­ig ein Unabhängig­keitsrefer­endum durchführt­en. Dies widersprec­he dem Grundgeset­z und sei vom Verfassung­sgericht verboten worden. Auch die Unabhängig­keitserklä­rung und weitere Schritte seien illegal gewesen. Die Puigdemont­Regierung war im Herbst 2017 von Madrid abgesetzt worden.

Spaniens Verfassung sieht die Abspaltung eines Territoriu­ms nicht vor. Eine Unabhängig­keit Katalonien­s wäre erst nach einer Verfassung­sänderung möglich, für die aber derzeit in Spanien keine politische Mehrheit in Sicht ist.

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