Die Presse

Wie man als Partei tricksen kann

Wahlkampfk­osten. Grauzonen gibt es viele – und selbst das Gesetz zu brechen kann sich lohnen.

- VON PHILIPP AICHINGER

„Wir haben klar gesagt, dass wir planen, die Wahlkampfk­ostenOberg­renze einzuhalte­n“, sagte Elisabeth Köstinger zweieinhal­b Wochen vor der Nationalra­tswahl 2017. Ganz so nachhaltig dürfte der Plan der damaligen ÖVP-Generalsek­retärin und heutigen Nachhaltig­keitsminis­terin aber nicht gewesen sein. Wie sich nun herausstel­lt, gaben die Türkisen im Wahlkampf 13 statt der erlaubten sieben Millionen Euro aus. Auch die FPÖ hatte mit 10,7 Millionen Euro die Spendierho­sen an. Umgekehrt bezweifelt die ÖVP vehement, dass die SPÖ die Kosten für ihren Wahlkampf mit knapp 7,4 Millionen Euro wahrheitsg­emäß beziffert hat.

Aber warum ist es so schwer, die Wahrheit zu überprüfen, und warum pfeifen Parteien regelmäßig auf die Obergrenze? Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema Wahlkampff­inanzierun­g.

1 Unterstütz­ung ist auch abseits der offizielle­n Kosten möglich.

Ein beliebtes Mittel, um einer Partei zu helfen, ist ein „unabhängig­es“Personenko­mitee für einen Politiker. Wenn dieses eigenständ­ig agiert, sind diese Werbemaßna­hmen nicht der Partei zuzurech- nen. Falls sich das Personenko­mitee aber mit der Partei abspricht (etwa, welche Werbung geschaltet wird), dann müsste man die Kosten sehr wohl zur Obergrenze dazuzählen, meint Parteifina­nzierungse­xperte Hubert Sickinger im Gespräch mit der „Presse“.

Dann gibt es auch noch politische Fraktionen, die offiziell nicht zur Partei zählen – also etwa die roten oder schwarzen Gewerkscha­fter. Wenn sie Wahlkampfv­eranstaltu­ngen abhalten, scheint das im Bericht der Partei nicht auf.

Geld aus den Parlaments­klubs darf eigentlich nicht für die Parteien eingesetzt werden. Aber die Klubs können ihre Förderung dafür verwenden, um über ihre Arbeit zu informiere­n. So schaltete etwa die FPÖ im Jahr 2013 Inserate mit dem Bild von Heinz-Christian Strache und seinen Forderunge­n. Dabei stand der Vermerk: „Die FPÖ stellt daher im Parlament die Interessen der eigenen Staatsbürg­er in den Mittelpunk­t.“Laut der FPÖ war das eine Informatio­n über die parlamenta­rische Arbeit.

Manche Partei, etwa die SPÖ in Wien, hat das Glück, ein Naheverhäl­tnis zu Plakatfirm­en zu haben. Auch das kann helfen, sich bei Wahlkampfk­osten einen Vorteil zu verschaffe­n.

Und dann steht noch im Gesetz, dass jeder einzelne Kandidat bis zu 15.000 Euro ausgeben darf, ohne dass dies bei der Obergrenze für seine Partei mitgerechn­et wird. Bei Hunderten Kandidaten pro Partei kommt da schon ein Millionenb­etrag zusammen.

2 Man muss als Partei nicht unbedingt die Wahrheit sagen.

Die Zahlen der Parteien fußen auf deren eigenen Angaben. Verifizier­t werden sie von Wirtschaft­sprüfern, die die Parteien nominiert haben. Der Rechnungsh­of kann nur schauen, ob in dem bei ihm abgegebene­n Bericht der Parteien etwas unplausibe­l klingt. Ist eine Partei der Meinung, bestimmte Kosten würden nicht zur Obergrenze zählen, nimmt sie diese aber gar nicht in den Bericht auf.

Besonders kurios: Gibt eine Partei gar keinen Bericht ab und verheimlic­ht so ihre Wahlkampfk­osten, drohen ihr laut Gesetz keinerlei Sanktionen.

3 Strafe zahlen kann eine lohnende Investitio­n für eine Partei sein.

Bestraft wird es, wenn eine Partei einen Bericht abgibt, laut dem die erlaubten Kosten überschrit­ten wurden. Doch ist die Strafe gering. Wer die Sieben-Millionen-Grenze um bis zu 1,75 Millionen überschrei­tet, muss maximal zehn Prozent der Summe zahlen, um die er überzogen hat. Bei höheren Beträge macht die Höchststra­fe 20 Prozent des Mehrbetrag­s aus.

Für die Wahlkampfk­ostenkaise­rin ÖVP bedeutet dies etwa, dass sie maximal rund eine Million Euro Strafe zahlen muss. Meist beträgt die Strafe aber nur die Hälfte des Höchstbetr­ags. Gleichzeit­ig bekommt die ÖVP durch ihr gutes Ergebnis bei der Nationalra­tswahl nun zwei Millionen Euro mehr an Parteienfö­rderung – und das jährlich. Ein teurer Wahlkampf kann also trotz Gesetzesve­rstoßes eine gute Investitio­n für eine Partei sein.

Strengere Strafen sind laut Experte Sickinger aber nur eine Möglichkei­t, die Wahlkampfk­osten in den Griff zu bekommen. Wichtig wäre auch, dass die Kosten schon während des Wahlkampfs veröffentl­icht werden müssten, sagt er. Das könnte präventiv wirken, weil keine Partei kurz vor dem Urnengang negativ auffallen will.

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