Wie man als Partei tricksen kann
Wahlkampfkosten. Grauzonen gibt es viele – und selbst das Gesetz zu brechen kann sich lohnen.
„Wir haben klar gesagt, dass wir planen, die WahlkampfkostenObergrenze einzuhalten“, sagte Elisabeth Köstinger zweieinhalb Wochen vor der Nationalratswahl 2017. Ganz so nachhaltig dürfte der Plan der damaligen ÖVP-Generalsekretärin und heutigen Nachhaltigkeitsministerin aber nicht gewesen sein. Wie sich nun herausstellt, gaben die Türkisen im Wahlkampf 13 statt der erlaubten sieben Millionen Euro aus. Auch die FPÖ hatte mit 10,7 Millionen Euro die Spendierhosen an. Umgekehrt bezweifelt die ÖVP vehement, dass die SPÖ die Kosten für ihren Wahlkampf mit knapp 7,4 Millionen Euro wahrheitsgemäß beziffert hat.
Aber warum ist es so schwer, die Wahrheit zu überprüfen, und warum pfeifen Parteien regelmäßig auf die Obergrenze? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Wahlkampffinanzierung.
1 Unterstützung ist auch abseits der offiziellen Kosten möglich.
Ein beliebtes Mittel, um einer Partei zu helfen, ist ein „unabhängiges“Personenkomitee für einen Politiker. Wenn dieses eigenständig agiert, sind diese Werbemaßnahmen nicht der Partei zuzurech- nen. Falls sich das Personenkomitee aber mit der Partei abspricht (etwa, welche Werbung geschaltet wird), dann müsste man die Kosten sehr wohl zur Obergrenze dazuzählen, meint Parteifinanzierungsexperte Hubert Sickinger im Gespräch mit der „Presse“.
Dann gibt es auch noch politische Fraktionen, die offiziell nicht zur Partei zählen – also etwa die roten oder schwarzen Gewerkschafter. Wenn sie Wahlkampfveranstaltungen abhalten, scheint das im Bericht der Partei nicht auf.
Geld aus den Parlamentsklubs darf eigentlich nicht für die Parteien eingesetzt werden. Aber die Klubs können ihre Förderung dafür verwenden, um über ihre Arbeit zu informieren. So schaltete etwa die FPÖ im Jahr 2013 Inserate mit dem Bild von Heinz-Christian Strache und seinen Forderungen. Dabei stand der Vermerk: „Die FPÖ stellt daher im Parlament die Interessen der eigenen Staatsbürger in den Mittelpunkt.“Laut der FPÖ war das eine Information über die parlamentarische Arbeit.
Manche Partei, etwa die SPÖ in Wien, hat das Glück, ein Naheverhältnis zu Plakatfirmen zu haben. Auch das kann helfen, sich bei Wahlkampfkosten einen Vorteil zu verschaffen.
Und dann steht noch im Gesetz, dass jeder einzelne Kandidat bis zu 15.000 Euro ausgeben darf, ohne dass dies bei der Obergrenze für seine Partei mitgerechnet wird. Bei Hunderten Kandidaten pro Partei kommt da schon ein Millionenbetrag zusammen.
2 Man muss als Partei nicht unbedingt die Wahrheit sagen.
Die Zahlen der Parteien fußen auf deren eigenen Angaben. Verifiziert werden sie von Wirtschaftsprüfern, die die Parteien nominiert haben. Der Rechnungshof kann nur schauen, ob in dem bei ihm abgegebenen Bericht der Parteien etwas unplausibel klingt. Ist eine Partei der Meinung, bestimmte Kosten würden nicht zur Obergrenze zählen, nimmt sie diese aber gar nicht in den Bericht auf.
Besonders kurios: Gibt eine Partei gar keinen Bericht ab und verheimlicht so ihre Wahlkampfkosten, drohen ihr laut Gesetz keinerlei Sanktionen.
3 Strafe zahlen kann eine lohnende Investition für eine Partei sein.
Bestraft wird es, wenn eine Partei einen Bericht abgibt, laut dem die erlaubten Kosten überschritten wurden. Doch ist die Strafe gering. Wer die Sieben-Millionen-Grenze um bis zu 1,75 Millionen überschreitet, muss maximal zehn Prozent der Summe zahlen, um die er überzogen hat. Bei höheren Beträge macht die Höchststrafe 20 Prozent des Mehrbetrags aus.
Für die Wahlkampfkostenkaiserin ÖVP bedeutet dies etwa, dass sie maximal rund eine Million Euro Strafe zahlen muss. Meist beträgt die Strafe aber nur die Hälfte des Höchstbetrags. Gleichzeitig bekommt die ÖVP durch ihr gutes Ergebnis bei der Nationalratswahl nun zwei Millionen Euro mehr an Parteienförderung – und das jährlich. Ein teurer Wahlkampf kann also trotz Gesetzesverstoßes eine gute Investition für eine Partei sein.
Strengere Strafen sind laut Experte Sickinger aber nur eine Möglichkeit, die Wahlkampfkosten in den Griff zu bekommen. Wichtig wäre auch, dass die Kosten schon während des Wahlkampfs veröffentlicht werden müssten, sagt er. Das könnte präventiv wirken, weil keine Partei kurz vor dem Urnengang negativ auffallen will.