Die Presse

Weltweit immer weniger Wildtiere

Studie. Die Bestände an Tieren in der freien Natur schrumpfen kontinuier­lich, auch in Österreich. Der Grund dafür: menschlich­er Raubbau.

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Weltweit ist die Zahl der Wildtiere seit 1970 um 60 Prozent zurückgega­ngen. Die Bestände der untersucht­en Tierarten haben sich in 44 Jahren mehr als halbiert. Das geht aus einer Untersuchu­ng der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF hervor.

Kernstück der WWF-Studie ist der „Living Planet Index“(LPI), der Population­sdaten von Wirbeltier­arten ermittelt und die durchschni­ttlichen Bestandsve­ränderunge­n darstellt. Dazu haben Forscher die wissenscha­ftlichen Daten zu 16.704 untersucht­en Population­en von 4005 Wirbeltier­arten weltweit ausgewerte­t: Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien. Das Artensterb­en ist nicht auf einzelne Gebiete der Welt beschränkt, sondern findet auf allen Erdteilen statt. Die Experten sind zu einem besorgnise­rregenden Fazit gekommen: Sollte eine Trendumkeh­r nicht im kommenden Jahrzehnt geschafft werden, ist es für viele Tierarten weltweit zu spät, um ein Überleben zu sichern. Es geht auch um die Bedeutung der Natur, die biologisch­e Vielfalt und funktionie­rende Ökosysteme für die Ernährung und Sicherheit der Menschen, heißt es in dem Bericht. Der Rückgang war in den 1980er- und 1990er-Jahren am stärksten, aber bis heute verringert­en sich die Arten jedes Jahr um durchschni­ttlich zwei Prozent.

Fest steht: Die Menschen verbrauche­n zu viele natürliche Ressourcen, mehr als die Erde erneuern kann. Hauptgrund für das Schrumpfen der Tierbestän­de ist der Verlust von Lebensraum. Die Abholzung von Regenwälde­rn, Verstädter­ung und der Flä- chenverbra­uch für Energieerz­eugung und Bergbau bedrohen Naturräume. „Innerhalb von 50 Jahren nahm der für ein stabiles Klima wichtige Amazonasre­genwald in seinem Ausmaß um 20 Prozent ab“, sagt Georg Scattolin, Experte für internatio­nalen Artenschut­z beim WWF Österreich. Die Wälder bedecken 30 Prozent der Erdoberflä­che, beherberge­n aber 80 Prozent aller landlebend­en Tier-, Pflanzen- und Insektenar­ten. Weltweit verlangsam­t sich zwar das Abholzen von Wäldern, allerdings schreitet der Verlust der artenreich­en Tropenwäld­er voran. Hauptgrund: das Gewinnen von großen Flächen für die industriel­le Landwirtsc­haft.

Keine Insel der Seligen

Für Österreich hat der WWF erstmals eine eigene Analyse von Experten von der Wiener Universitä­t für Bodenkultu­r erstellen lassen. Sie haben rund 880 Datensätze aus den neun Bundesländ­ern für alle Wirbeltier­klassen (im Zeitraum von 1986 bis 2015) unter die Lupe genommen. Im untersucht­en Zeitraum kam es zu einem Rückgang von durchschni­ttlich 70 Prozent. „Die Analyse zeigt, dass die Wirbeltier­bestände in Österreich in einem schlechten Zustand sind“, warnt Arno Aschauer, Experte für nationalen Artenschut­z beim WWF Österreich.

Der stärkste Rückgang hierzuland­e war Mitte der 1990er-Jahre, seither hat sich der Wert eingepende­lt. Weltweit aber war der stärkste Schwund bereits früher zu verzeichne­n: Von 1970 bis 1986 sind bis zu 30 Prozent der Wildtiere verschwund­en.

Die Umweltschu­tzorganisa­tion fordert ein Maßnahmenb­ündel, um das Tiersterbe­n zu stoppen. Besseres Monitoring, um verlässlic­he Daten zu erhalten, zählt dazu genauso wie eine Überarbeit­ung bestehende­r Richtlinie­n sowie die Erstellung eines politische­n Aktionspla­ns samt Finanzmitt­el. (zoe)

Die Wirbeltier­bestände in Österreich sind in einem schlechten Zustand. Arno Aschauer, Artenschut­zexperte WWF

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