„Chaos-Sommer“verringert Gewinn
Fluglinien. Der AUA-Mutterkonzern Lufthansa reagiert auf den teilweise chaotischen Flugbetrieb im Sommer. Die Entschädigungszahlen stiegen seit Jahresbeginn auf 350 Millionen Euro.
Vor etwas mehr als einem Jahr stellte Air Berlin den Flugbetrieb ein. Am 27. Oktober 2017, um 23.45 Uhr, landete zum letzten Mal eine Maschine der damals zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft auf dem Berliner Flughafen Tegel. In den vergangenen Tagen erschien in deutschen Zeitungen eine Traueranzeige, die von früheren Mitarbeitern geschaltet wurde. „Wir gedenken unserer geliebten Airline, unserer Jobs, unserer Existenzen!“, hieß es in der Anzeige.
Air Berlin gehörte zu den spektakulärsten Firmenpleiten in Deutschland. Analysten gingen davon aus, dass Lufthansa vom Aus des ungeliebten Rivalen profitieren würde. Beflügelt vom AirBerlin-Drama erreichte die Lufthansa-Aktie zu Jahresbeginn 2018 mit 31,26 Euro den höchsten Wert in ihrer Geschichte. Doch tatsächlich war das Lufthansa-Management mit der Situation überfordert, wie die am Dienstag veröffentlichten Ergebniszahlen zeigen.
Ausgerechnet im dritten Quartal, das in der Luftfahrtbranche traditionell zu den stärksten gehört, hat Lufthansa schlechter abgeschnitten. Der um Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) lag bei 1,35 Milliarden Euro und damit knapp elf Prozent unter dem Vorjahreswert. Auch beim Umsatz hat die AUA-Mutter mit 9,96 Milliarden Euro schlechtere Zahlen vorgelegt als erwartet. „Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Kostenanstieg von mehr als einer Milliarde Euro allein durch Treibstoffkosten und Sonderbelastungen durch Flugausfälle und Verspätungen“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Daher sollen spätestens 2019 die Ticketpreise erhöht werden. Außerdem kündigte der Konzern an, das Wachstum im nächsten Jahr zu reduzieren.
Nach dem teilweise chaotischen Flugbetrieb im Sommer will Lufthansa mehr Mitarbeiter einstellen. Außerdem soll in die Flugpläne ein größerer Puffer eingebaut werden. Es soll auch mehr Reserveflugzeuge geben.
Seit Jahresbeginn musste Lufthansa konzernweit 18.000 Flüge streichen. In Summe waren davon 1,7 Millionen Passagiere betroffen. An Entschädigungszahlungen fielen 350 Millionen Euro an.
Für die Turbulenzen ist unter anderem die Lufthansa-Tochter Eurowings verantwortlich. Eurowings hatte 77 Flugzeuge und damit einen großen Teil der Flotte von Air Berlin übernommen. Doch es kam zu vielen Flugausfällen und
rechnet in diesem Jahr mit einem Kostenanstieg von mehr als einer Milliarde Euro allein durch Treibstoffkosten und Sonderbelastungen durch Flugausfälle und Verspätungen. „Wir erwarten, dass die deutlich gestiegenen Treibstoffkosten spätestens ab 2019 zu höheren Ticketpreisen führen werden“, sagte Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr. Im dritten Quartal ist das Ergebnis gesunken. Auch die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA) vermeldete einen Ergebnisrückgang. Verspätungen. In den ersten neun Monaten flog Eurowings einen Verlust von 65 Millionen Euro ein.
Die Aktionäre ergriffen die Flucht. Die Lufthansa-Aktie sank am Dienstag vorübergehend um neun Prozent. Seit Jahresbeginn hat die Aktie bereits mehr als 40 Prozent verloren. Nur die Deutsche Bank hat im deutschen Aktienindex DAX noch schlechter abgeschnitten.
Nach der Air-Berlin-Pleite wollen viele Billigfluglinien den Markt nicht kampflos Lufthansa überlassen. Dies zeigt sich unter anderem auf dem Wiener Flughafen, wo immer mehr Billigflieger landen. Das macht sich auch bei der Lufthansa-Tochter Austrian Airlines bemerkbar. Im dritten Quartal sank bei der AUA das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (adjusted Ebit) um 14 Prozent auf 86 Millionen Euro. Der neue AUA-Chef, Alexis von Hoensbroech, sagte am Dienstag, das nächste Jahr werde „sehr herausfordernd“.
Positiv hat sich die Zahl der Fluggäste entwickelt. Von Jänner bis September kletterte die Zahl der Passagiere um 8,2 Prozent auf 10,6 Millionen. Bis Ende dieses Jahres will die Lufthansa-Tochter über die 13-Millionen-Marke kommen und damit einen Passagierrekord erreichen.
Mit Ende Oktober hat die AUA ihr Streckennetz umgebaut. So wurden unwirtschaftliche Strecken wie Linz, Hongkong, Havanna, Colombo, Isfahan und Schiras aus dem Programm genommen.
Aufgestockt wurden hingegen die Kapazitäten nach Chicago, New York, Montreal, Peking und Shanghai. Seit 27. Oktober fliegt die AUA außerdem nach Kapstadt in Südafrika.
Die Air-Berlin-Pleite dürfte kein Einzelfall bleiben. Neben Ryanair-Chef Michael O’Leary geht auch IAG-Vorstandschef Willie Walsh (British Airways und Iberia) davon aus, dass wegen der hohen Kerosinpreise und des intensiven Wettbewerbs kleinere Fluglinien aufgeben werden.