Die „Ministranten“von Hütteldorf
Rapid-Essay. Seit einem Jahrzehnt gewann Grün-Weiß keinen Titel mehr, doch so intensiv wie in dieser Saison waren Unmut und Verzweiflung noch nie. Und Ex-Trainer gießen weiter Öl ins Feuer.
Rapid ist Österreichs populärster Fußballklub, Grün-Weiß polarisiert und fasziniert. Geht es um Fußball in Hütteldorf, werden immer Emotionen wach, egal, ob der Klub gut oder wie in den vergangenen Monaten eigentlich grottenschlecht gespielt hat. Jeder hat immer eine Meinung über Trainer, patscherte Legionäre, mit dem ewigen Hofmann-Vergleich heillos überforderte Talente oder zu ihrer Arbeit mehr oder minder befähigte Funktionäre. Parallel dazu tanzen die Fans, wohl unter Duldung der Klubführung, unentwegt aus der Reihe. Selbst im neuen Stadion, wirklich einem wahren Schmuckkästchen, will der Hausfrieden partout nicht gedeihen.
Bleiben halbwegs zähl- bzw. herzeigbare Siege aus, herrscht allerorts schnell Unruhe. Fans maunzen, die Kritik an Trainern und Umfeld wächst wilder als manch Rasenkultur. Und „Klublegenden“geben, ob in hoch dotierten Kolumnen oder TV-Interviews – passend, zu Recht, falsch oder einfach bloß entbehrlich –, fortlaufend ihren Senf dazu.
Die Wahrheit liegt im Fachjargon auf dem Platz. Bei Rapid ist sie alles relativierend: Der Klub wurde zuletzt 2008 zum 32. Mal Meister, vor einem Jahrzehnt. Rapid gewann zuletzt 1995 den ÖFB-Cup – vor 23 Jahren. An diesen Fakten gibt es kein Umhinjammern.
Auch in der laufenden Saison ist davon auszugehen, dass Rapid wieder nicht Meister wird. Der Klub ist aktuell Tabellensiebenter, Nur
mit nur vier Siegen und zwölf Toren (–1) aus zwölf Runden.
Obwohl jetzt mit Dietmar Kühbauer nach Irrläufern unter Mike Büskens, Damir Canadi oder Goran Djuricin eine von allen Seiten verlangte Klubikone als Trainer werkt und wider die Prognosen an die Trendwende glaubt, ist Ruhe nur eine Illusion. Rapids Auftritte blieben durchwachsen, der Tenor: Die Spieler sind schlecht, Rapid nicht würdig. Der einzig Schuldige ist freilich ausgemacht: Sportdirektor Fredy Bickel.
Die Namensgleichheit mit der ehemaligen Schweizer Grasshoppers-Ikone aus den 1950er-Jahren amüsiert zwar. Geht es aber nach lokalen Größen – zuletzt drängten Ernst Dokupil oder Peter Pacult in den Vordergrund –, sei der ehemalige Journalist und Bern-Chef der vollkommen falsche Mann für diesen Job. „Bickel hat nicht einen Spieler gebracht, der Rapid weiterhilft“, ätzte Pacult in der ServusTV-Sendung „Sport und Talk“. „Dieser Kader kann nicht funktionieren. Wenn du in zwei Jahren vier Trainer verbrennst, kann keine Kontinuität hineinkommen.“
Dass der Schweizer mit Problemfällen (`a la Hofmann) zu kämpfen hatte, die seine Vorgänger Helmut Schulte und Andreas Müller nicht lösen konnten, den Klub nebst finanzieller Engpässe das Verletzungspech (Mocinic)´ plagt und manch Transfer tatsächlich ein Flop (Guillemenot, Barac)´ zu sein scheint, darf nicht unbeachtet bleiben. Auffällig ist aber, dass Pacult, selbst seit Jahren (FAC, Zavrc,ˇ Vinkovici, Nic,ˇ Kukesi)¨ erfolglos unterwegs, lang zu Rapid so eisern geschwiegen, aber jetzt weiterhin ein eher dringendes Mitteilungsbedürfnis hat. Die Trainerentscheidung ist doch längst (gegen ihn) gefallen.
Rapid, heute im Cup beim WAC im Einsatz (18 Uhr, live, ORF eins), stehen weiter unruhige Zeiten ins Haus. Am 22. November tagt der Vorstand, auch Klubikonen sind geladen. Manche, etwa Franz Hasil, mahnen zur Räson, sehen Bickels Ära allerspätestens mit Saisonende gescheitert. Eine Vertragsverlängerung sei unvorstellbar, bis auf finanzielle Erlöse bei Transfers gebe es keine Erfolge. Präsident Michael Krammer würde sich keinen Gefallen tun.
Die Option, Klubveteranen bei Transfers künftig um Rat zu fragen, ist aber absurd. Es hätte allerdings den erheiternden Vorteil, dass das Hineinreklamieren der „Störenfriede“Geschichte wäre. Sie wären dann womöglich in die Verpflichtung totaler Nieten involviert . . .
ist seit 10. Dezember 2016 Sportdirektor bei Rapid. Der Vertrag des Schweizers läuft mit Saisonende aus.
wurden vom SCR 13 Neuzugänge gemeldet, darunter Berisha, Bolingoli, Galvao.˜ 3,1 Mio. €. 7,78 Mio. € (Wöber-Transfer zu Ajax: 7,5 Mio. €).
10 Neuzugänge (Pavlovic,´ Barac,´ Alar, Knasmüllner, Guillemenot, Ivan etc.), 3,75 Mio. €.
8,9 Mio. € (Schaub für 3,5 Mio. zu Köln, Kvilitaia für 3 Mio. zu Gent etc.).