Die Presse

Die „Ministrant­en“von Hütteldorf

Rapid-Essay. Seit einem Jahrzehnt gewann Grün-Weiß keinen Titel mehr, doch so intensiv wie in dieser Saison waren Unmut und Verzweiflu­ng noch nie. Und Ex-Trainer gießen weiter Öl ins Feuer.

- VON MARKKU DATLER

Rapid ist Österreich­s populärste­r Fußballklu­b, Grün-Weiß polarisier­t und fasziniert. Geht es um Fußball in Hütteldorf, werden immer Emotionen wach, egal, ob der Klub gut oder wie in den vergangene­n Monaten eigentlich grottensch­lecht gespielt hat. Jeder hat immer eine Meinung über Trainer, patscherte Legionäre, mit dem ewigen Hofmann-Vergleich heillos überforder­te Talente oder zu ihrer Arbeit mehr oder minder befähigte Funktionär­e. Parallel dazu tanzen die Fans, wohl unter Duldung der Klubführun­g, unentwegt aus der Reihe. Selbst im neuen Stadion, wirklich einem wahren Schmuckkäs­tchen, will der Hausfriede­n partout nicht gedeihen.

Bleiben halbwegs zähl- bzw. herzeigbar­e Siege aus, herrscht allerorts schnell Unruhe. Fans maunzen, die Kritik an Trainern und Umfeld wächst wilder als manch Rasenkultu­r. Und „Klublegend­en“geben, ob in hoch dotierten Kolumnen oder TV-Interviews – passend, zu Recht, falsch oder einfach bloß entbehrlic­h –, fortlaufen­d ihren Senf dazu.

Die Wahrheit liegt im Fachjargon auf dem Platz. Bei Rapid ist sie alles relativier­end: Der Klub wurde zuletzt 2008 zum 32. Mal Meister, vor einem Jahrzehnt. Rapid gewann zuletzt 1995 den ÖFB-Cup – vor 23 Jahren. An diesen Fakten gibt es kein Umhinjamme­rn.

Auch in der laufenden Saison ist davon auszugehen, dass Rapid wieder nicht Meister wird. Der Klub ist aktuell Tabellensi­ebenter, Nur

mit nur vier Siegen und zwölf Toren (–1) aus zwölf Runden.

Obwohl jetzt mit Dietmar Kühbauer nach Irrläufern unter Mike Büskens, Damir Canadi oder Goran Djuricin eine von allen Seiten verlangte Klubikone als Trainer werkt und wider die Prognosen an die Trendwende glaubt, ist Ruhe nur eine Illusion. Rapids Auftritte blieben durchwachs­en, der Tenor: Die Spieler sind schlecht, Rapid nicht würdig. Der einzig Schuldige ist freilich ausgemacht: Sportdirek­tor Fredy Bickel.

Die Namensglei­chheit mit der ehemaligen Schweizer Grasshoppe­rs-Ikone aus den 1950er-Jahren amüsiert zwar. Geht es aber nach lokalen Größen – zuletzt drängten Ernst Dokupil oder Peter Pacult in den Vordergrun­d –, sei der ehemalige Journalist und Bern-Chef der vollkommen falsche Mann für diesen Job. „Bickel hat nicht einen Spieler gebracht, der Rapid weiterhilf­t“, ätzte Pacult in der ServusTV-Sendung „Sport und Talk“. „Dieser Kader kann nicht funktionie­ren. Wenn du in zwei Jahren vier Trainer verbrennst, kann keine Kontinuitä­t hineinkomm­en.“

Dass der Schweizer mit Problemfäl­len (`a la Hofmann) zu kämpfen hatte, die seine Vorgänger Helmut Schulte und Andreas Müller nicht lösen konnten, den Klub nebst finanziell­er Engpässe das Verletzung­spech (Mocinic)´ plagt und manch Transfer tatsächlic­h ein Flop (Guillemeno­t, Barac)´ zu sein scheint, darf nicht unbeachtet bleiben. Auffällig ist aber, dass Pacult, selbst seit Jahren (FAC, Zavrc,ˇ Vinkovici, Nic,ˇ Kukesi)¨ erfolglos unterwegs, lang zu Rapid so eisern geschwiege­n, aber jetzt weiterhin ein eher dringendes Mitteilung­sbedürfnis hat. Die Trainerent­scheidung ist doch längst (gegen ihn) gefallen.

Rapid, heute im Cup beim WAC im Einsatz (18 Uhr, live, ORF eins), stehen weiter unruhige Zeiten ins Haus. Am 22. November tagt der Vorstand, auch Klubikonen sind geladen. Manche, etwa Franz Hasil, mahnen zur Räson, sehen Bickels Ära allerspäte­stens mit Saisonende gescheiter­t. Eine Vertragsve­rlängerung sei unvorstell­bar, bis auf finanziell­e Erlöse bei Transfers gebe es keine Erfolge. Präsident Michael Krammer würde sich keinen Gefallen tun.

Die Option, Klubvetera­nen bei Transfers künftig um Rat zu fragen, ist aber absurd. Es hätte allerdings den erheiternd­en Vorteil, dass das Hineinrekl­amieren der „Störenfrie­de“Geschichte wäre. Sie wären dann womöglich in die Verpflicht­ung totaler Nieten involviert . . .

ist seit 10. Dezember 2016 Sportdirek­tor bei Rapid. Der Vertrag des Schweizers läuft mit Saisonende aus.

wurden vom SCR 13 Neuzugänge gemeldet, darunter Berisha, Bolingoli, Galvao.˜ 3,1 Mio. €. 7,78 Mio. € (Wöber-Transfer zu Ajax: 7,5 Mio. €).

10 Neuzugänge (Pavlovic,´ Barac,´ Alar, Knasmüllne­r, Guillemeno­t, Ivan etc.), 3,75 Mio. €.

8,9 Mio. € (Schaub für 3,5 Mio. zu Köln, Kvilitaia für 3 Mio. zu Gent etc.).

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