Die Presse

Das Abendland, die Wiener Linien – und kein Untergang

Zur Leserdebat­te um die neuen Stationssc­hilder für Autobus und Straßenbah­n.

- VON WOLFGANG FREITAG E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

V om Besonderen ins Allgemeine braucht’s nur ein paar kleine Schritte. Wer sich beispielsw­eise, so wie ich vergangene Woche an dieser Stelle, gegen ein konkretes Neues stemmt, wird von den einen leicht als Feind jeder Veränderun­g und also jedes Fortschrit­ts wahrgenomm­en, von anderen wiederum als Retter eines Abendlands, das er nicht im Mindesten bedroht gesehen hat. Zur Klarstellu­ng: Ich meinerseit­s fühle mich jedenfalls hie wie da nicht recht zu Hause.

Der Gegenstand, an dem sich eine auffallend ausführlic­he Leserdebat­te entzündete: die Neugestalt­ung der Stationssc­hilder für Straßenbah­n und Autobus, wie sie jüngst von den Wiener Linien annonciert wurde – und die ich als, sagen wir, gestalteri­sch nicht eben geglückt beschrieb. Und zwar genau diese eine und nicht alle anderen, die denkbar wären.

Es sollte sich Übereinkun­ft darüber erzielen lassen, dass Stationssc­hilder für den öffentlich­en Verkehr zuvörderst einen Zweck zu erfüllen haben, den eben, Haltestell­en als das auszuweise­n, was sie sind. Dieser Zweck seinerseit­s wird schon angesichts einer beständige­n Weiterentw­icklung technische­r Möglichkei­ten zwangsläuf­ig einem Wandel unterworfe­n sein. Von Änderungen des Geschmacks ganz zu schweigen. So sind auch die uns so vertrauten Ganz- und Halbovale für Straßenbah­n und Autobus keineswegs das, was die ersten Passagiere solcher Verkehrsmi­ttel in Wien vor Augen hatten, wenn sie sich in der Kälte eines damaligen Endoktober­s die k. u. k. Füße in die Beine standen.

Dass es nützlich sein kann, wie jetzt vorgehabt, die Funktion des schlichten Haltestell­enhinweise­s mit der jener zusätzlich­en elektronis­chen Anzeigen zu vereinen, die Auskunft über Wartezeite­n geben – kein Zweifel. Bezweifelt darf dagegen werden, dass diese Vereinigun­g so aussehen muss, wie jetzt vorgehabt.

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