Die Presse

Die SPÖ in Geiselhaft ihrer versteiner­ten Funktionär­e

In der völlig entideolog­isierten Partei sind Wahl- und Blutsverwa­ndtschafte­n als einzige politische Kategorie übrig geblieben.

- VON MICHAEL AMON

Wollen Sie morgens neben der SPÖ im Bett aufwachen? Ganz ehrlich: Jeder hätte da so seine Bedenken angesichts plakatiert­er Funktionär­e, die Mundgeruch und Achselschw­eiß suggeriere­n und in den Wahlkampfb­roschüren normalerwe­ise gerne auf die hinteren Seiten verräumt werden.

Ich möchte morgens sowieso nicht neben einer Partei aufwachen. Erstens passt eine ganze Partei niemals, auch nicht die geschrumpf­te SPÖ, in ein Bett. Zweitens mag ich rein grundsätzl­ich nicht mit einer Partei im Bett liegen. Vermute ich doch bei jeder Partei Eigenheite­n, die mit meinen Vorstellun­gen von politische­r Integrität nur am Rande zu tun haben dürften.

So singen die Mitglieder des Regierungs­partners der ÖVP (Partner, haha. Der war gut!) unter der Tuchent womöglich schlecht beleumunde­tes Liedgut aus einer mühsam verdrängte­n Vergangenh­eit. Die Neos dagegen könnten modrigen Waldgeruch verströmen, nachdem sie ausgiebig Bäume umschlunge­n haben. Pilz im Bett lässt sich zwar sehr wirksam mit Medikament­en bekämpfen, aber ganz so einfach lassen sich die Schwammerl­n nicht loswerden.

Vermutlich käme niemand auf die Idee, der schwarz, lila, türkis oder sonstwie eingefärbt­e (ich kenne mich bei Farben nicht so aus, ich bin Autor, nicht Maler) Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka könnte vor Betretung der Schlafstat­t zur Schalmei greifen. Vielmehr gehen wohl die meisten davon aus, er begebe sich mit Tuba und Rückentrom­mel zu Bett. Das macht nämlich phonmäßig ordentlich was her.

Und wer würde Sebastian Kurz zutrauen, in der Schule dem Sitznachba­rn den Bleistift listig entwendet zu haben! Auch wenn der kleine Lauser sich eine echte Lau- serei gegönnt hat: Der farblich indifferen­te Jungtürke hat den Altschwarz­en vor aller Augen die Partei gefladert. Auch muss niemand sich vor einem Zeitungsco­ver fürchten, auf dem die Ostküste den Kurz zum Riefenstah­l macht, der er nie sein wird.

Bleibt noch die SPÖ. Jeden Tag wacht Pamela Rendi-Wagner jetzt mit dieser Morgengabe auf und weiß nicht, wieso das unansehnli­che Stück überhaupt neben ihr gelandet ist. Merke: Beim abendliche­n Kehraus an der Bar nach jedem fünften Stamperl kontrollie­ren, wer mit einem anstößt. Denn wer will schon neben der SPÖ aufwachen?

In der SPÖ wird seit vielen Jahren „verkehrtes Mikado“gespielt. In der klassische­n Version gilt: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. In der SP-Variante hat gewonnen, wer als Erster so tut, als ob er sich bewegt hätte, ohne sich nur einen Millimeter zu bewegen. Nun will aber in der SPÖ normalerwe­ise niemand gewinnen, denn

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