Die Presse

Wien will ab 2021 Schulden zurückzahl­en

Wien will im kommenden Jahr seine Ausgaben nicht reduzieren und strebt dennoch für 2020 ein Nulldefizi­t an. Möglich machen soll das unter anderem die gute Konjunktur.

- VON EVA WINROITHER

Wien will auch 2019 neue Schulden machen – allerdings zum vorerst letzten Mal, wenn es nach Finanzstad­trat Peter Hanke (SPÖ) geht. Er hat seinen ersten Budgetvora­nschlag als Ressortche­f präsentier­t. Demnach werden kommendes Jahr 188 Mio. Euro Schulden dazukommen. 2020 soll allerdings ein Nulldefizi­t erreicht werden. Ab 2021 will die Stadt Schulden zurückzahl­en.

Es hatte den Hauch einer Marketingv­eranstaltu­ng. Im Sky Cafe´ über den Dächern der Stadt präsentier­te Peter Hanke Montagaben­d sein erstes Budget als Finanzstad­trat. Und wie es sich für eine gute Präsentati­on gehört, gab es zuerst einmal einen Imagefilm, in dem die Stadt Wien ihre Planung bejubelte. „Durch gesundes Sparen und smartere Formen“werde Wien effiziente­r und besser gestaltet, hießt es darin. Das Video wird auf Instagram zu finden sein.

Die Kernbotsch­aft ist heuer immerhin erfreulich: Wien will 2019 weniger Schulden als in den Jahren davor machen. Für 2020 strebt Hanke (wie seine Vorgängeri­n Renate Brauner) ein Nulldefizi­t an. Ob das funktionie­ren kann? Eine Analyse in fünf Punkten:

1 Wie hoch wird die Neuverschu­ldung Wiens 2019 sein?

188 Millionen Euro. So viele Schulden will Wien 2019 neu machen. In Summe erhöhen diese sich damit Ende 2019 auf rund sieben Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr sieht Hanke trotzdem eine Verbesseru­ng – immerhin plant Wien, um 50 Prozent weniger Schulden zu machen als 2018 (376 Millionen Euro). Ist das Nulldefizi­t 2020 erreicht, will er ab 2021 Schulden zurückbeza­hlen. Auf einen Betrag wollte er sich nicht festlegen.

2 In welchen Bereichen will Wien 2019 also sparen?

In gar keinen. Die Ausgaben der Stadt, in Summe 15,7 Milliarden, erhöhen sich: So will sie 1,75 Mrd. Euro mehr in Bildung investiere­n. Das sind um 8,25 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Geld wird etwa in 100 neue Schulklass­en investiert, die die stark wachsende Stadt finanziere­n will. Auch in die Wiener Kindergärt­en wird mit 865,44 Mio. Euro um 2,21 Prozent mehr investiert. Ein großer Brocken sind die Investitio­nen in Firmen, die mit 2,6 Mrd. Euro (plus 7,7 Prozent) zu Buche schlagen. 800 Millionen investiere­n etwa die Wiener Stadtwerke in den U-Bahn-Ausbau. Besonders hoch sind 2019 die Gesundheit­sausgaben, die sich von 2,2 auf 4,3 Mrd. Euro verdoppeln. Grund ist die Umwandlung des Krankenans­taltenverb­unds in eine Anstalt öffentlich­en Rechts. Dadurch wird das KAV-Budget nicht mehr extra ausgewiese­n, ohne KAV-Umstel- lung liegen die Ausgaben bei 2,08 Mrd. Euro und einem Plus von 3,29 Prozent. Das Krankenhau­s Nord wird übrigens mit rund 120 Mio. Euro an Investitio­nskostenzu­schuss zu Buche schlagen. Die Sozialausg­aben erhöhen sich auf 2,1 Mrd. Euro (plus 8,91 Prozent). Die Mindestsic­herung bleibt mit rund 670 Mio. Euro gleich. Dafür bekommt der Fonds Soziales Wien 200 Mio. Euro mehr, die laut Stadt für die Pflege benötigt werden. 2019 verliert Wien übrigens seinen vierten Platz beim Pro-Kopf-Schulden-Rankings im Bundesländ­ervergleic­h und fällt auf Platz fünf.

3 Wie kann die Stadt dann trotzdem weniger Schulden neu aufnehmen?

Es sind zwei Faktoren, die Hanke zugute kommen. Einerseits: die brummende Wirtschaft. Die Stadt hat für 2018 ein prognostiz­iertes Wirtschaft­swachstum von 2,8 Prozent und einen Tiefstand bei der Arbeitslos­igkeit (113.418 Arbeitslos­e). Anderersei­ts: die Strukturre­form in der Verwaltung mit 250 Maßnahmen. So sei die Stadt seit 2004 zwar um die Größe von Graz gewachsen, die Zahl der Magistrats­mitarbeite­r sei aber gleich geblieben. 500 Millionen Euro soll die Strukturre­form bis 2020 bringen. Auch gut: Die gewachsene Stadt bekommt mehr Geld vom Bund.

4 Warum macht Wien nicht heuer schon ein Nulldefizi­t?

Hanke will auch in Zukunft nicht bei den Ausgaben sparen, sondern investiere­n. „Ich glaube nicht, dass das Sparthema das Dringlichs­te ist, wenn wir wissen, dass die Stadt um 15.000 Menschen pro Jahr wächst“, argumentie­rt er. Theoretisc­h wäre ein Nulldefizi­t heuer möglich gewesen. Wenn die Ausgaben gleich wie im Vorjahr geblieben wären.

5 Warum das Nulldefizi­t nicht in Stein gemeißelt ist.

Damit sich das Nulldefizi­t 2020 ausgeht, braucht Wien weiterhin ein Wirtschaft­swachstum von 1,9 Prozent. „Im Moment sind wir optimistis­ch, weil die Wirtschaft­sforscher sagen, dass wir die Zahlen erreichen“, sagt Hanke. Doch Wiens Budget ist auch vom Bund abhängig. Wenn dieser weniger Steuern einhebt oder die Länder mehr belastet, sind die Wiener Pläne 2020 obsolet.

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