Die Presse

Teures Fahrrad, aber gratis Tesla

Steuern. Eine Änderung im Steuerrech­t hat skurrile Folgen: Während elektrisch­e Dienstauto­s für Arbeitnehm­er weiter steuerfrei bleiben, müssen sie für Dienstfahr­räder oder E-Bikes bald zahlen.

- VON MATTHIAS AUER

Der gute Wille ist da. Der Gesetzgebe­r will auch im Verkehrsse­ktor etwas gegen den Klimawande­l tun und fördert daher Elektroaut­os so gut es eben geht. Ein Beispiel: Stellen Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn Dienstwage­n zur Verfügung, müssen diese gemäß Sachwerteb­ezugsveror­dnung Steuern dafür bezahlen. Als Sachbezug gelten vereinfach­t gesagt alle Zuwendunge­n, die man nicht in Cash vom Arbeitgebe­r bekommt. Ebenfalls ausgenomme­n von der Steuerpfli­cht sind seit Beginn 2016 alle PKW, die zur Gänze mit Strom betrieben werden. Ganz egal, ob die E-Autos überwiegen­d privat benutzt werden oder nicht. Ein Tesla Model S, zu haben ab 87.800 Euro, wäre für den Mitarbeite­r daher mit null Euro zu verbuchen. Auf die mögliche Besteuerun­g des Sachbezugs verzichtet der Fiskus – der Umwelt zuliebe.

Doch im jüngsten Wartungser­lass für die Lohnsteuer­richtlinie­n rüttelt das Finanzmini­sterium entweder an diesem Credo – oder es ist ihm ein folgenschw­erer Lapsus unterlaufe­n. So sollen Elektroaut­os für Dienstnehm­er zwar steuerfrei bleiben, dafür fallen erstmals Steuern für die Mitarbeite­r an, wenn sie „Mofas, Mopeds oder Fahrräder mit Hilfsmotor usw.“von ihren Unternehme­n bekommen. Ausschlagg­ebend soll in diesem Fall nicht die Sachwerteb­ezugsveror­dnung sein, die immerhin klare Regeln für die Steuerhöhe vorgibt, sondern Paragraf 15 im Einkom- mensteuerg­esetz. Dort steht zur Frage der Steuerhöhe lediglich, dass „geldwerte Vorteile mit den um übliche Preisnachl­ässe vermindert­en üblichen Endpreis ab Abgabeort“anzusetzen sind. Das Elektrodie­nstfahrrad um 3000 Euro käme den Arbeitnehm­er also empfindlic­h teurer als der 90.000 Euro Tesla. Ob auch für Diensträde­r, die rein mit Muskelkraf­t betrieben werden, fortan Steuern bezahlt werden müssen, geht aus den Richtlinie­n nicht klar hervor. Allein die Tatsache, dass diese Vari- ante denkmöglic­h realistisc­h erscheint, macht aber deutlich, wie dringend hier Nachbesser­ungen notwendig sind.

Die neue Regelung ist nicht nur aus umweltpoli­tischer Sicht vollkommen widersinni­g, sie ist auch praktisch schwer umsetzbar und sorgt für Unsicherhe­it bei den Unternehme­n. Steuerpfli­chtig werden Arbeitnehm­er bekanntlic­h nur dann, wenn sie die ihnen überlassen­en Fahrzeuge auch privat nut- zen. Bei PKW ist das in der Regel einfach nachzuvoll­ziehen. Sie sind üblicherwe­ise konkreten Personen zugeordnet, ein Fahrtenbuc­h ist Pflicht. Diensträde­r – egal ob elektrisch oder nicht – stehen hingegen meist mehreren Mitarbeite­rn zur Verfügung. Die Betriebspr­üfer müssten also in jedem einzelnen Fall recherchie­ren, welcher Mitarbeite­r sich das Dienstrad ausgeborgt hat, um ins Schwimmbad oder auch nur nach Hause zu fahren. Die Unternehme­n, die bisher bedenkenlo­s und mit gutem Gewissen Diensträde­r verteilt haben, müssten von Fall zu Fall diskutiere­n, wer die Räder potenziell privat genutzt haben könnte – und wie viel Steuern dem Finanzamt dafür zustehen.

Die Regelung, so skurril sie auf den ersten Blick erscheinen mag, gebe es nicht ohne Grund, erzählen Beamte hinter vorgehalte­ner Hand. So mancher Firmenchef habe seinem Töchterlei­n ein teures E-Bike zukommen lassen. Auf Firmenkost­en und steuerfrei als Dienstrad, versteht sich. Doch um diesen Missbrauch abzustelle­n, brauchte es kein neues Recht, meinen Steuerexpe­rten. Derart verdeckte Gewinnauss­chüttungen seien schon heute voll steuerpfli­chtig. Die Regelung sei überschieß­end und unlogisch. Auch das Umweltargu­ment zieht nicht mehr. Wenn Stromer steuerfrei sein sollen, muss das wohl für alle gelten – egal, ob zwei oder vier Räder. Und für die guten alten Drahtesel sowieso.

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[ Reuters ]

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