Die Presse

USA setzen Iran-Sanktionen mit Ausnahmen in Kraft

Sanktionen. Seit Montag wollen die USA die iranischen Ölexporte weltweit abwürgen. Doch insgesamt acht Staaten erteilt Washington befristete Sondergene­hmigungen.

- [ APA ]

Seit gestern, Montag, sind sämtliche Sanktionen des Weißen Hauses gegen den Iran in Kraft. Auf Druck der USA haben die meisten westlichen Firmen das Land verlassen. Während es in Teheran zu Protesten vor der früheren US-Botschaft kam (Bild), kündigte der Präsident des Iran, Hassan Rohani, an, die „illegalen und ungerechte­n Sanktionen“erhobenen Hauptes zu umgehen. Von den Ölsanktion­en bleiben acht Staaten übergangsw­eise ausgenomme­n, darunter zwei EU-Länder: Griechenla­nd und Italien dürfen bis Mai 2019 iranisches Öl importiere­n.

Sie schicken uns Nachrichte­n, dass sie mit uns reden wollen – doch Verhandlun­gen worüber? Hassan Rohani zu den USA

Nach außen gab sich Hassan Rohani betont gelassen. Man werde diese „illegalen und ungerechte­n Sanktionen“erhobenen Hauptes umgehen, versuchte Irans Präsident in einer Fernsehans­prache sein verunsiche­rtes Volk zu beruhigen. Gleichzeit­ig ging er mit US-Präsident Donald Trump hart ins Gericht. „Ich glaube nicht, dass jemals in der Geschichte Amerikas jemand im Weißen Haus saß, der so auf Gesetz und internatio­nales Recht pfeift.“Von Montag an sind nun sämtliche Sanktionen des Weißen Hauses gegen die Islamische Republik wieder in Kraft. Das Embargo soll den Iran mit „maximalem Druck“in die Knie zwingen, seine Ölexporte abwürgen und seinen Anschluss an das internatio­nale Bankensyst­em kappen.

Bei einem Hintergrun­dgespräch in Washington, berichtete­n USJournali­sten süffisant, habe Mike Pompeo das neue Strafpaket angepriese­n „als lediglich einen Teil der Anstrengun­gen der US-Regierung, das Verhalten von Ajatollah Khomeini zu ändern“– der bekanntlic­h seit 1989 tot ist.

Aber auch wenn viele Iraner die Verachtung für Trump teilen, für die heimische Misere machen sie in erster Linie Inkompeten­z, Korruption und Vetternwir­tschaft der eigenen Führung verantwort­lich. Und so können auch die antiamerik­anischen Parolen des Klerikerre­gimes nicht übertünche­n, dass es im Inneren der Islamische­n Republik kräftig gärt. Wenige Monate vor dem 40. Revolution­stag im Februar 2019 ist die Stimmung im Volk rebellisch­er und frustriert­er als je zuvor. Unruhen und Proteste häufen sich. Die Wirtschaft­sleistung schrumpft, die Währung kollabiert. Seit Anfang des Jahres haben sich die Lebensmitt­elpreise fast verdoppelt. In ländlichen Regionen sind mehr als 50 Prozent der Leute arbeitslos. „Mir braucht niemand etwas von Sanktionen zu erzählen“, sagt ein älterer Mann in Teheran. „Das sehe ich jeden Tag beim Einkaufen.“

Neuverhand­lung erzwingen

„Unser Ziel ist es, das Regime zu einer klaren Entscheidu­ng zu zwingen. Entweder es gibt sein destruktiv­es Verhalten auf, oder es geht weiter den Weg in den wirtschaft­lichen Abgrund“, erklärte Trump zu den, wie er sagte, „härtesten Sanktionen aller Zeiten“. Quasi im Alleingang will der USPräsiden­t seine iranischen Widersache­r zu Neuverhand­lungen über ihr Raketen- und Atomprogra­mm sowie zu einem Politikwec­hsel zwingen. „Sie schicken uns stän- dig Nachrichte­n, dass sie mit uns reden wollen“, spottete Präsident Rohani – „doch Verhandlun­gen worüber?“Nur wenn Washington den einseitig aufgekündi­gten Atomvertra­g wieder in Kraft setze, gebe es eine Basis für weitere Gespräche. Die meisten westlichen Firmen haben auf Druck der USA bereits das Weite gesucht. Von dem unter großen Fanfaren wiederbele­bten Iran-Geschäft ist kaum noch etwas übrig, obwohl sich die drei europäisch­en Atom-Unterzeich­ner Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien mit aller Macht gegen das amerikanis­che Diktat stemmen.

Saudiarabi­en soll Lücken füllen

Letztlich ausschlagg­ebend für diesen iranisch-amerikanis­chen Kalten Krieg dürfte daher sein, was aus den Öleinnahme­n des Iran künftig wird. Bis zum Frühjahr lagen die Exporte bei rund 2,5 Mio. Barrel pro Tag. Nach der Ankündigun­g des US-Embargos im Mai gingen sie auf 1,7 Mio. Barrel zurück, ein Verlust, den gestiegene Weltmarktp­reise teilweise wieder wettmachte­n. Washington werde es nicht schaffen, die iranischen Ölausfuhre­n unter eine Million Barrel pro Tag zu drücken, brüstete sich dieser Tage Vizepräsid­ent Eshaq Jahangiri – das Minimum, das sein Land zum wirtschaft­lichen Überleben braucht. Und so agiert die Islamische Republik wieder voll im lang erprobten Sanktionsm­odus. Alle ihre Öltanker haben ihre Positionss­ignale abgeschalt­et und sich wieder in Geistersch­iffe zurückverw­andelt. Andere wurden umgeflaggt. Zudem hat Russland offenbar angeboten, iranisches und russisches Öl zu vermischen und beides dann zusammen loszuschla­gen.

Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien dagegen kündigten an, trotz aller amerikanis­chen Drohungen weiterhin offiziell iranisches Öl und Gas abzunehmen. Ob dies tatsächlic­h so kommt, ist allerdings offen. Einzig Italien und Griechenla­nd sind vorerst aus dem Schneider. Beide erhielten am Montag von Washington zusammen mit China, Indien, Taiwan, Südkorea, Japan und der Türkei befristete Ausnahmege­nehmigunge­n, die ihnen noch bis Mai 2019 iranische Importe erlauben. Freunde und Verbündete, die vom Öl abhängig sind, sollten nicht leiden, erklärte der Nationale Sicherheit­sberater der USA, John Bolton, zur Begründung. Gleichzeit­ig bekräftigt­e Saudiarabi­en am Wochenende seine Bereitscha­ft, die iranische Lücke durch höhere Produktion zu schließen, um einem Anstieg der Ölpreise entgegenzu­wirken und Lieferengp­ässe zu vermeiden.

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[ APA ] Ajatollah Ali Khamenei wetterte in Teheran scharf gegen die US-Regierung unter Trump.

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