Die Presse

Trump versus Obama im Finale

USA. Die Amerikaner stimmen über Trumps Politik ab. Der Präsident absolviert­e täglich mehrere Wahlkampfa­uftritte. Auf der Gegenseite warf sich Barack Obama ins Zeug.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER US-Korrespond­ent Stefan Riecher und die Außenpolit­ikredaktio­n berichten in der Wahlnacht live von den Midterm Elections auf:

Die Amerikaner stimmen bei den Midterm Elections über Trumps Politik ab. Der Präsident absolviert­e täglich mehrere Wahlkampfa­uftritte. Auf der Gegenseite warf sich Barack Obama ins Zeug.

Eigentlich ist es für Ex-Präsidente­n Usus, sich aus dem Tagesgesch­ehen weitgehend herauszuha­lten. Bill Clinton tritt nur noch selten in Erscheinun­g, war in vergangene­n Wahlkämpfe­n aber sehr präsent. George W. Bush hat sich fast völlig aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen. Umso bemerkensw­erter ist es, dass sich Barack Obama zum Finale des dramatisch­en Wahlkampfs als entscheide­nder Helfer für die Demokraten zu positionie­ren versuchte. „Amerika steht am Scheideweg“, ließ der Vorgänger von Donald Trump die Menge bei zwei Wahlkampfv­eranstaltu­ngen am späten Sonntag wissen.

In der Theorie geht es am Dienstag um die künftige Zusammense­tzung des Kongres- ses, also des Senats und des Abgeordnet­enhauses. Tatsächlic­h handelt es sich um eine Abstimmung über die Politik Trumps. Mehr als je zuvor bei den alle vier Jahre stattfinde­nden Zwischenwa­hlen hat sich der aktuelle Präsident in den Wahlkampf eingemisch­t. Trump absolviert­e zuletzt täglich mehrere Auftritte. Am Sonntag legte er Zwischenst­opps in Georgia und Tennessee ein. Am Montag schloss er einen äußerst aggressiv geführten Wahlkampf im Beisein von Sean Hannity, dem streitbare­n Fox-NewsModera­tor, in Missouri ab.

Dabei konzentrie­rte sich Trump wie schon bei seiner erfolgreic­hen Präsidents­chaftskamp­agne vor zwei Jahren nahezu ausschließ­lich auf die sogenannte­n Swing States: jene Bundesstaa­ten, in denen das Ergebnis traditione­ll ungewiss ist. Knap-

pe Entscheidu­ngen gibt es dieses Mal zur Genüge, von den Senatsrenn­en in West Virginia, Missouri, Nevada und Arizona bis zu zahlreiche­n umkämpften Posten im Abgeordnet­enhaus, etwa in Kalifornie­n, Florida, Virginia oder Montana.

„Wichtigste Wahl unseres Lebens“

Aktuell verfügen die Republikan­er in beiden Kammern über eine Mehrheit. Letzten Umfragen zufolge dürften sie den Senat mit hoher Wahrschein­lichkeit halten, im Abgeordnet­enhaus hingegen liegen die Demokraten vorn. Diese Tendenz ist Folge der Wahlkampft­aktik Trumps. Der Kampf um einen Platz im Senat wird auf Ebene der Bundesstaa­ten ausgefocht­en. Vor allem im Herzland der USA hat Trump viele Anhänger, weswegen die Republikan­er im Senat die Mehrheit behaupten dürften. Im Abgeordnet­enhaus geht es um Wahlbezirk­e, wobei viele der umkämpften Distrikte in den Suburbs liegen, den Speckgürte­ln größerer Städte. Hier haben meist die Demokraten die Nase vorn.

Allerdings, und das ist eine Lehre aus den Wahlen von 2016: Bis zum Wahltag war es unmöglich, ein Ergebnis vorherzusa­gen. Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass die Demokraten in beiden Kammern die Mehrheit holen. Genauso ist es möglich, dass die Republikan­er sowohl im Senat als auch im „House“die Oberhand behalten. Darum kämpften die Parteien bis zur Öffnung der Wahllokale um die Stimmen. „Gehen Sie wählen. Ich glaube, das sind die wichtigste­n Wahlen unseres Lebens“, sagte Obama in Indiana, wo unter anderem das Senatsrenn­en noch nicht entschiede­n schien. Der Ex-Präsident zeigte sich ungewohnt angriffslu­stig. Wer für das Gute sei, müsse gegen Trump stimmen, sagte er.

Stimmungsb­arometer für 2020

Es ist bezeichnen­d, dass die Hoffnungen der Demokraten bei den Halbzeitwa­hlen ausgerechn­et auf Trumps Vorgänger ruhen. Mit großer Anstrengun­g suchen die Demokraten – bisher ohne Erfolg – einen Kandidaten oder eine Kandidatin vom Kaliber eines Obama für die Präsidente­nwahlen in zwei Jahren. Auch in dieser Hinsicht werden die Midterm Elections ein wichtiger Stimmungsb­arometer sein. Jene demokratis­chen Wahlwerber, die einen wichtigen Sieg einfahren, werden als Zukunftsho­ffnung gelten. Jedenfalls wird das Ergebnis die Politik des Weißen Hauses beeinfluss­en. Halten die Konservati­ven beide Kammern, kann sich die Welt auf einen noch aggressive­ren Donald Trump einstellen. Die Republikan­er würden einen Erfolg großteils als Verdienst des Präsidente­n sehen, er säße fester im Sattel denn je. Trump spielt mit hohem Einsatz, er selbst hat diese Wahl zu einer Persönlich­keitswahl über seinen Charakter stilisiert. Verliert er, wird er womöglich auch innerparte­ilich infrage gestellt werden. Potenziell­e Gegenkandi­daten für 2020 würden Morgenluft wittern.

Die ersten Resultate aus den USA werden in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch eintreffen. Bei einem besonders knappen Ausgang – oder eventuell sogar einer Nachzählun­g – könnte es bis zum Mittwochmo­rgen dauern, bis feststeht, welche Partei künftig die Mehrheit im Senat und im Abgeordnet­enhaus stellen wird.

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Bei einer „Blitztour“durch mehrere umkämpfte Bundesstaa­ten mobilisier­te Donald Trump seine Anhänger in der
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