Neue Regeln für E-Scooter?
Analyse. Unfälle und Beschwerden über die neuen E-Roller häufen sich. Werden diese zur Plage? Und wie kann das Rollen sicherer werden? Ein Überblick.
Beschwerden über die neuen E-Roller häufen sich. Ein Überblick.
Sie fahren und parken kreuz und quer, kommen einem, allein, zu zweit oder sogar in Kombination Erwachsene plus Kleinkinder, mit bis zu 25 km/h auf dem Radweg entgegen. An Hotspots, Mariahilfer Straße, Ring, Karlsplatz, Museumsquartier etwa, stehen oder liegen bisweilen zehn dieser Roller ungenutzt herum. Und erste Unfälle gab es auch: Am Freitag stieß ein 17-Jähriger eine Achtjährige am Gehsteig nieder, sie wurde am Kopf verletzt. Am Samstag stürzte ein 19-Jähriger mit Scooter in den WienFluss, er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und musste aufwendig geborgen werden.
Man kann also, gut einen Monat nach dem Markteintritt der Leih-E-Roller in Wien, hervorragend über diese debattieren. Würde sich nicht beim Testen herausstellen, dass die Geräte tatsächlich praktisch sind (und das elektrifizierte Herumrollen auch ziemlich viel Spaß machen kann). Trotzdem, nach den ersten Zwischenfällen werden Rufe nach strengen Regeln laut.
1 Wie sieht das Fazit nach gut einem Monat LeihScooter-Betrieb aus? Was sind die Probleme?
Die Roller werden angenommen und gern genutzt, das zeigt das Straßenbild, in dem sich diese schnell breitgemacht haben, das sagt auch Alexander Götz, Geschäftsführer von Lime Österreich. Derzeit sind in Wien einige Hundert Lime-Roller (aber weniger als die jedem Anbieter maximal erlaubten 1500 Stück) auf den Straßen, dazu kommen rund 800 von Bird und mehr als 200 von Tier. Tendenz steigend. Auch die Probleme werden mehr, heißt es von der Polizei: Vor allem Fahren am Gehsteig oder Missachten von Alkohollimits sei ein Problem.
2 Was ist bisher genau erlaubt – und ist die Situation für E-Scooter-Fahrer gut gelöst?
Derzeit gilt: Tretroller ohne Motor sind Spielzeug, gehören also auf den Gehsteig, motorisierte Scooter sind Fahrrädern gleichgestellt, sind also auf Radwegen oder auf der Fahrbahn zu benutzen. Analog zum Rad gilt keine Helmpflicht, aber ein Alkohollimit von 0,8 Promille. Ideal ist diese Lösung nicht, heißt es sowohl vom ÖAMTC wie vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ): Es brauche eine bundesweite, klare Regelung. Dass die Roller wie Räder zu behandeln sind, ist eine Rechtsauslegung die heute (aber noch nicht lang) auch die Polizei teilt. Die Sicht des Verkehrsministeriums und in den Ländern ist teils nicht ganz klar. Auch wenn in Wien klar ist, wie die Polizei strafen will, ist offen, wie Gerichte entscheiden, sagt ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried: Wird die E-Scooter-Frage nicht in der Straßenverkehrsordnung gelöst, ist zu befürchten, dass erst ein Urteil nach einem Unfall Rechtssicherheit schaffen wird.
3 Was plant die Stadt, sind Einschränkungen vorgesehen?
Nein. Für falsch abgestellte E-Scooter gibt es Regeln (sie müssen binnen vier Stunden abgeholt werden, sonst drohen Strafen), abgesehen davon wolle man „genau beobachten“, heißt es im Verkehrsressort von Maria Vassilakou (Grüne). Die Polizei setzt auf Aufklärung und Abmahnungen – spätestens im Frühling sind Strafen zu erwarten. Kurz hieß es, in der Innenstadt wolle man Roller auf der Kärntner Straße verbieten. Das stimmt nicht. Rollerfahren ist dort, wie Radfahren, ohnehin nicht erlaubt. Daran sollten sich E-Scooter-Fahrer halten, heißt es aus der Bezirksvorstehung.
4 Wie reagieren die Anbieter auf den Unmut? Sind andere Regeln geplant?
Alexander Götz spricht sein Bedauern über die Unfälle aus – Sicherheit habe bei Lime höchste Priorität. Jeder Nutzer müsse vor der ersten Miete in der App ein Tutorial absolvieren – kenne also Sicherheitsbestimmungen. Allerdings: „E-Scooter sind grundsätzlich ein neues Phänomen in Wien, und es braucht eine Eingewöhnungszeit.“In der Phase werde Lime demnächst eine Sicherheitskampagne starten. Technische Lösungen, wie eine automatische Verringerung der Geschwindigkeit in belebten Zonen oder die Einrichtung von „No-Parking Zones“inklusive Strafen, seien in Arbeit.
5 Droht den Scootern das Schicksal der gelben Leihräder? Erst Anarchie, dann Abtransport?
Eher nicht. Nach Erfahrungen mit den Rädern wurden für die Scooter von vornherein Regeln inklusive Strafen geschaffen. Die Scooter werden jeden Abend eingesammelt, sie sind auch wertvoller als die chinesischen Räder. Die Kooperation der Stadt mit Anbietern läuft besser als mit den Rad-Start-ups, mit denen es schwierig war. Ofo und Obike zogen zurück, als strenge Regeln eingeführt wurden, nun gelten diese von Beginn an.