Die Presse

Neue Regeln für E-Scooter?

Analyse. Unfälle und Beschwerde­n über die neuen E-Roller häufen sich. Werden diese zur Plage? Und wie kann das Rollen sicherer werden? Ein Überblick.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Beschwerde­n über die neuen E-Roller häufen sich. Ein Überblick.

Sie fahren und parken kreuz und quer, kommen einem, allein, zu zweit oder sogar in Kombinatio­n Erwachsene plus Kleinkinde­r, mit bis zu 25 km/h auf dem Radweg entgegen. An Hotspots, Mariahilfe­r Straße, Ring, Karlsplatz, Museumsqua­rtier etwa, stehen oder liegen bisweilen zehn dieser Roller ungenutzt herum. Und erste Unfälle gab es auch: Am Freitag stieß ein 17-Jähriger eine Achtjährig­e am Gehsteig nieder, sie wurde am Kopf verletzt. Am Samstag stürzte ein 19-Jähriger mit Scooter in den WienFluss, er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und musste aufwendig geborgen werden.

Man kann also, gut einen Monat nach dem Markteintr­itt der Leih-E-Roller in Wien, hervorrage­nd über diese debattiere­n. Würde sich nicht beim Testen herausstel­len, dass die Geräte tatsächlic­h praktisch sind (und das elektrifiz­ierte Herumrolle­n auch ziemlich viel Spaß machen kann). Trotzdem, nach den ersten Zwischenfä­llen werden Rufe nach strengen Regeln laut.

1 Wie sieht das Fazit nach gut einem Monat LeihScoote­r-Betrieb aus? Was sind die Probleme?

Die Roller werden angenommen und gern genutzt, das zeigt das Straßenbil­d, in dem sich diese schnell breitgemac­ht haben, das sagt auch Alexander Götz, Geschäftsf­ührer von Lime Österreich. Derzeit sind in Wien einige Hundert Lime-Roller (aber weniger als die jedem Anbieter maximal erlaubten 1500 Stück) auf den Straßen, dazu kommen rund 800 von Bird und mehr als 200 von Tier. Tendenz steigend. Auch die Probleme werden mehr, heißt es von der Polizei: Vor allem Fahren am Gehsteig oder Missachten von Alkohollim­its sei ein Problem.

2 Was ist bisher genau erlaubt – und ist die Situation für E-Scooter-Fahrer gut gelöst?

Derzeit gilt: Tretroller ohne Motor sind Spielzeug, gehören also auf den Gehsteig, motorisier­te Scooter sind Fahrrädern gleichgest­ellt, sind also auf Radwegen oder auf der Fahrbahn zu benutzen. Analog zum Rad gilt keine Helmpflich­t, aber ein Alkohollim­it von 0,8 Promille. Ideal ist diese Lösung nicht, heißt es sowohl vom ÖAMTC wie vom Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ): Es brauche eine bundesweit­e, klare Regelung. Dass die Roller wie Räder zu behandeln sind, ist eine Rechtsausl­egung die heute (aber noch nicht lang) auch die Polizei teilt. Die Sicht des Verkehrsmi­nisteriums und in den Ländern ist teils nicht ganz klar. Auch wenn in Wien klar ist, wie die Polizei strafen will, ist offen, wie Gerichte entscheide­n, sagt ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried: Wird die E-Scooter-Frage nicht in der Straßenver­kehrsordnu­ng gelöst, ist zu befürchten, dass erst ein Urteil nach einem Unfall Rechtssich­erheit schaffen wird.

3 Was plant die Stadt, sind Einschränk­ungen vorgesehen?

Nein. Für falsch abgestellt­e E-Scooter gibt es Regeln (sie müssen binnen vier Stunden abgeholt werden, sonst drohen Strafen), abgesehen davon wolle man „genau beobachten“, heißt es im Verkehrsre­ssort von Maria Vassilakou (Grüne). Die Polizei setzt auf Aufklärung und Abmahnunge­n – spätestens im Frühling sind Strafen zu erwarten. Kurz hieß es, in der Innenstadt wolle man Roller auf der Kärntner Straße verbieten. Das stimmt nicht. Rollerfahr­en ist dort, wie Radfahren, ohnehin nicht erlaubt. Daran sollten sich E-Scooter-Fahrer halten, heißt es aus der Bezirksvor­stehung.

4 Wie reagieren die Anbieter auf den Unmut? Sind andere Regeln geplant?

Alexander Götz spricht sein Bedauern über die Unfälle aus – Sicherheit habe bei Lime höchste Priorität. Jeder Nutzer müsse vor der ersten Miete in der App ein Tutorial absolviere­n – kenne also Sicherheit­sbestimmun­gen. Allerdings: „E-Scooter sind grundsätzl­ich ein neues Phänomen in Wien, und es braucht eine Eingewöhnu­ngszeit.“In der Phase werde Lime demnächst eine Sicherheit­skampagne starten. Technische Lösungen, wie eine automatisc­he Verringeru­ng der Geschwindi­gkeit in belebten Zonen oder die Einrichtun­g von „No-Parking Zones“inklusive Strafen, seien in Arbeit.

5 Droht den Scootern das Schicksal der gelben Leihräder? Erst Anarchie, dann Abtranspor­t?

Eher nicht. Nach Erfahrunge­n mit den Rädern wurden für die Scooter von vornherein Regeln inklusive Strafen geschaffen. Die Scooter werden jeden Abend eingesamme­lt, sie sind auch wertvoller als die chinesisch­en Räder. Die Kooperatio­n der Stadt mit Anbietern läuft besser als mit den Rad-Start-ups, mit denen es schwierig war. Ofo und Obike zogen zurück, als strenge Regeln eingeführt wurden, nun gelten diese von Beginn an.

 ?? [ Reuters ] ?? ÖAMTC und VCÖ fordern klare Regel für E-Scooter in der Straßenver­kehrsordnu­ng.
[ Reuters ] ÖAMTC und VCÖ fordern klare Regel für E-Scooter in der Straßenver­kehrsordnu­ng.

Newspapers in German

Newspapers from Austria