Die rosa Welle rollt an
Trend. Bei den Kongresswahlen kandidieren so viele Frauen wie noch nie – auch, um ein Zeichen gegen den sexistischen Präsidenten zu setzen.
Wenn sich der Kongress im Jänner neu konstituieren wird, zeichnen sich Premieren zuhauf ab: die erste Kampfpilotin, die erste Nachfahrin der Ureinwohner, die ersten muslimischen Abgeordneten – und mit Stacey Abrams womöglich die erste afroamerikanische Gouverneurin, obendrein in Georgia, im Süden der USA, wo die Rassentrennung bis heute nachwirkt.
Die Wahl Donald Trumps und seine sexistischen Ausfälle gegen Politikerinnen oder Moderatorinnen haben Frauen in einem nie gekannten Ausmaß mobilisiert, sich in der Politik zu engagieren und für ein Amt zu bewerben. Es rollte eine rosa Welle an, die sich vor allem gegen den Präsidenten richtet. Es ist ein historischer Rekord: 235 Frauen haben heuer für die Wahl zum Repräsentantenhaus kandidiert, 22 für den Senat – zu drei Vierteln für die Demokraten. In Arizona kommt es sogar zu einem Frauenduell um den Senatssitz zwischen der Republikanerin Martha McSally, der ersten Air-Force-Pilotin im Kriegseinsatz, und der Demokratin Kyrsten Sinema.
Die Anti-Trump-Proteste waren unmittelbar nach der Angelobung losgegangen, als Frauen zu Hunderttausenden im „Women’s March“in rosa Hauben und Schals durch Washington und andere US-Städte zogen. Die erbitterte Kontroverse um die Nominierung des Juristen Brett Kavanaugh zum Höchstrichter und die Vorwürfe der sexuellen Nötigung durch die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, im September öffentlich ausgetragen im Senat, befeuerten insbesondere den Unmut vieler gut gebildeter Frauen in den Suburbs von Neuem.
Schon bei den Vorwahlen hatte sich der Trend zu einem größeren Frauenanteil bei den Demokraten verfestigt. Im New Yorker Stadtteil Bronx besiegte Alexandria OcasioCortez, eine 29-Jährige mit puerto-ricanischen Wurzeln, den alteingesessenen demokratischen Amtsinhaber. Die „demokratische Sozialistin“, ein Bernie-Sanders-Fan, wird zur jüngsten Abgeordneten avancieren; und Rashida Tlaib, Tochter palästinensischer Immigranten, sowie Ilhan Omar, eine gebürtige Somalierin aus Minnesota, werden zu den ersten Musliminnen im Kongress. Stars wie Oprah Winfrey und Taylor Swift riefen demonstrativ zur Wahl von Frauen auf. (vier)