Die Presse

Der „weiße Obama“aus Texas uner Trump-Fan aus Tennessee

Senatswahl. Beto O’Rourke sorgte im „roten“Texas für Furore, Marsha Blackburn als glühende Verfechter­in des Präsidente­n.

- VON THOMAS VIEREGGE UND STEFAN RIECHER

Ob Beto O’Rourke die Sensation schafft und die Senatswahl im „roten“, republikan­isch dominierte­n Texas gewinnt oder, wie die jüngsten Umfragen prognostiz­ieren, knapp verliert – der 46-Jährige aus der Grenzstadt El Paso gehört auf jeden Fall zu den Siegern und den neuen Galionsfig­uren der Demokraten. Der groß gewachsene Schlaks, salopp in Jeans und mit Baseballka­ppe, hat viele Amerikaner elektrisie­rt wie zuletzt nur Barack Obama und in grauer Vorzeit John F. Kennedy, und zwar so sehr, dass er bereits als künftiger Präsidents­chaftskand­idat gehandelt wird.

Der Unternehme­r aus einer irischstäm­migen Familie, der fließend Spanisch spricht und die Cowboytrad­itionen nicht verleugnet, setzte auf den demografis­chen Wandel – die wachsende Bedeutung der Hispanics im Grenzstaat Texas – und neue Technologi­e. Er tourte – zum Teil mit Livebilder­n via Facebook – durch alle 254 Wahlbezirk­e im „LoneStar“-State, dem bevölkerun­gsreichste­n nach Kalifornie­n. In den liberalen „Inseln“um Austin, Dallas und Houston entfachte der frühere Punkrocker aus Collegezei­ten mit einer Mischung aus linksliber­alen und moderaten Positionen für das Recht auf Waffenbesi­tz und Grenzschut­z einen Enthusiasm­us, der die Texaner womöglich frühzeitig zu den Urnen trieb – so viele wie noch nie.

Dass Beto – eigentlich Robert – O’Rourke innerhalb von nur drei Monaten 38 Millionen Dollar an Spenden einsammelt­e, erinnerte an die Obama-Kampagnen und rief die alarmierte Parteiführ­ung der Republikan­er auf den Plan. Seit den späten 1980er-Jahren hat Texas, die Heimat von George W. Bush und dem demokratis­chen Präsidente­n Lyndon B. Johnson, keinen Demokraten mehr als Senator nach Washington geschickt. Ausgerechn­et Donald Trump warf sich schließlic­h in einer randvollen Sportarena in Houston für seinen früheren Intimfeind Ted Cruz in die Bresche, den gefährdete­n Amtsinhabe­r und Darling der evangelika­len Rechten und der Tea Party, den Trump vor zwei Jahren als „Lyin’ Ted“beschimpft­e.

Marsha Blackburn hatte mit Donald Trump indessen nie ein Problem. Bei den Republikan­ern gibt es zwei Lager: die bedingungs­losen Unterstütz­er wie Blackburn und die Moderaten, die den harten Kurs des Präsidente­n durchaus infrage stellen. Lautstark fordert Blackburn eine Grenzmauer zu Mexiko – und mit jenen Footballsp­ielern, die aus Protest gegen Rassismus während der Nationalhy­mne knien, geht sie ganz nach dem Geschmack Trumps hart ins Gericht.

In Tennessee kämpft die meinungsst­arke Abgeordnet­e um einen Sitz im US-Senat. Es ist eines jener Rennen, die nationale Wirkung entfalten. Die Hoffnungen der Demokraten auf eine Wende im Senat beruhen unter anderem auf einer Niederlage Blackburns. Ihr tougher Kurs kommt nicht bei allen in der Heimat der Country Music an. Um fünf Prozentpun­kte lag die frühere Geschäftsf­rau zwischenze­itlich hinter ihrem demokratis­chen Konkurrent­en Phil Bredesen, den Ex-Gouverneur und Ex-Bürgermeis­ter von Nashville. Zuletzt gelang es ihr, den Spieß umzudrehen.

Wie kaum ein anderes Duell ist die Senatswahl in Tennessee eine Abstimmung über Trump. Bob Corker, der bisherige republikan­ische Senator, war einer der vehementes­ten Kritiker des Präsidente­n. Dem Mann im Weißen Haus fehle die „Stabilität und die Kompetenz“, um das Land führen zu können, monierte Corker. Er weigerte sich bis zuletzt, Blackburn zu unterstütz­en, und sprach in höchsten Tönen von Bredesen.

Gewinnt Blackburn, wird Tennessee ein Stück weiter nach rechts rücken und Trump eine wichtige Unterstütz­erin im Senat gewinnen. Als der Präsident am Sonntag bei einer Kundgebung neuerlich vor einer „Invasion“durch die Migrantenk­arawane warnte, applaudier­te Blackburn begeistert.

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