Die Presse

Vom Folterfall Bakary J. zum BVT

Beamte. Das umstritten­e Amt stockt sein Personal auf. Einer der Neuzugänge ist einer jener Beamten, die in den Folterfall um den Schubhäftl­ing Bakary J. verwickelt waren.

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Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) will die aktuellen Diskussion­en um die umstritten­e Hausdurchs­uchung im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) positiv nützen, um aus der Behörde ein „Schmuckkäs­tchen“zu machen.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt da, um die Qualität zu erhöhen, eine klare Aufgabende­finition herzustell­en und damit zu signalisie­ren, dass das BVT internatio­nal ein verlässlic­her Partner ist“, sagte Kickl in einem „Kurier“-Interview. Das BVT soll zur Eliteeinhe­it umgebaut werden.

Zu diesem Zweck wurden bereits erste Reformschr­itte eingeleite­t. Aus vier Abteilunge­n wurden sechs gemacht. Die Abteilung fünf beschäftig­t sich umfassend mit dem Thema Cybersiche­rheit. Die Abteilung sechs ist für Sondereins­ätze, Logistik und Observatio­n zuständig. Dafür braucht es auch viel neues Personal – viele neue Beamte sind bereits in das Behördenha­us am Rennweg eingezogen. Viele von ihnen stammen aus der Sondereinh­eit Wega.

Einer dieser Polizisten hat medial bereits Schlagzeil­en gemacht. Er war in einen der größten Folterfäll­e in der Geschichte der Zweiten Republik verwickelt. Der gebürtige Gambier Bakary J. hatte sich im Jahr 2006 gegen seine Abschiebun­g gewehrt. Vier Wega-Polizisten hatten ihn daraufhin in eine Wiener Lagerhalle gebracht. Sie fesselten den Schubhäftl­ing, folterten und misshandel­ten ihn und führten Scheinexek­utionen durch. Alle vier Beamten wurden wegen Folter zu mehrmonati­gen bedingten Haftstrafe­n und Disziplina­rstrafen rechtskräf­tig verurteilt; die Strafen sind mittlerwei­le verbüßt.

Obwohl der Fall nun schon zwölf Jahre her ist, beschäftig­t er noch immer die Gerichte. Das Schmerzeng­eldverfahr­en ist noch immer nicht abgeschlos­sen. Im Innenminis­terium wollte man sich zu dem Neuzugang nicht äußern. Aus Datenschut­zgründen könne man keine Auskunft geben.

Schulungsv­ideo abgeschaff­t

Zum Fall von Bakary J. wurde angehenden Polizisten seit 2013 bis vor Kurzem ein Schulungsv­ideo gezeigt. „Void“wurde nun vom Lehrplan gestrichen. Warum? Im Rahmen einer Evaluierun­g sei sei- tens der Bildungsze­ntren aufgezeigt worden, dass etliche Polizeisch­üler den Spielfilm bereits gekannt haben, heißt es auf „Presse“Anfrage dazu aus dem Innenminis­terium. Der Film zeige zwar Problemauf­risse – biete aber kaum Lösungsans­ätze. Man versuche die Thematik „Macht – Autorität – Gehorsam“nun anders in der Grundausbi­ldung zu vermitteln.

„Zudem nimmt sich der Film durchaus auch viele künstleris­che Freiheiten heraus, die absolut nicht der Realität entspreche­n“, heißt es weiters in dem Statement des Innenminis­teriums. Das deckt sich mit jener Sichtweise, die die FPÖ schon länger vertritt.

Bei Erscheinen des Films 2013 sprach die FPÖ von einer „völlig realitätsf­remden Darstellun­g des Polizeiall­tags“. In einer Aussendung wurde von einer „befremdlic­hen und völlig inakzeptab­len Art und Weise“gesprochen, „die besonders die Angehörige­n der Sondereinh­eit Wega tendenziös als brutal und ausländerf­eindlich“darstellen würde. „So ein Film hat in der Polizeiaus­bildung nichts verloren“, hieß es. Zu Bakary J. gab es außerdem seitens der FPÖ etliche kritische parlamenta­rische Anfragen. (ath)

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