Keine Zeitung für Diskussionsverweigerer
dersdenkende können und dürfen nicht an den Schalthebeln der politischen Führung sein, wo das doch seit St. Kreisky zum unverhandelbaren Erbe der roten Reichshälfte gehört! Da schreckt der Dichter auch nicht vor persönlichen Verunglimpfungen des Bundeskanzlers zurück. Dass Kreisky gestandene Nazikaliber wie F. Peter wortgewaltig verteidigt hatte (zulasten von Simon Wiesenthal), verschweigt Turrini schamhaft.
Was „Die Presse“dazu treibt, Herrn Turrini für solche absurden Ausführungen eine zweiseitige Plattform im „Spectrum“zu bieten, bleibt mir nicht nur verschlossen, es stellt ein außerordentliches Ärgernis für mich dar. Da wird die Geduld des Abonnenten in unerträglicher Weise strapaziert. Sache. Oder ist’s einfach emotionale Ergriffenheit, welche formulierende Hilflosigkeit bewirkt?
Man hat es aber eh gewusst, Peter Turrini kann es, kann es auch anders als mit wilden Fäkalinjurien. So der gegenständliche „verfeinerte“Text, in flammendem Stil agitierend und mit nicht wenigen Diagnosen, die einer weiteren Diskussion wert wären. Solche wird kommen, auch wenn und gerade weil des Autors Wertehaltung nicht jedermann teilen muss. „,Die Presse‘ provoziert“, Leserbrief von Norbert Wallner, 6. 11. Der Leserbriefschreiber ist wohl das Musterbeispiel eines Menschen, der am liebsten ungestört in seiner vorgefassten „Meinungsblase“dahinlebt. Alles sollte wohl so gefiltert werden, dass er Bestätigung findet und seine immer gleiche Suppe vorgesetzt bekommen kann. Meinungsvielfalt verteufelt er als Provokation. Nur ist „Die Presse“keine „chatroomartige“Zeitung für Diskussionsverweigerer! Als langjähriger Abonnent bin ich hocherfreut darüber, dass in dieser Zeitung auch kritische Stimmen Platz finden.