Warum die Gewerkschaft streikt
Arbeitskampf. Offiziell geht es um die Lohnerhöhungen in der Metallindustrie, tatsächlich wehren sich die Arbeitnehmervertreter gegen die Regierungspolitik – etwa bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit.
Ab heute wird in Österreich wieder gestreikt. Nach Abbruch der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie greift die Gewerkschaft zu Kampfmaßnahmen. Warum sich das Klima zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verschärft hat und was die Streiks bringen könnten:
Wie werden die Streikmaßnahmen ablaufen?
Die Gewerkschaft baut Kampfmaßnahmen üblicherweise über mehrere Eskalationsstufen hinweg auf: Es beginnt mit Betriebsversammlungen in der Produktionszeit, geht weiter mit Warnstreiks und dem Streik einer ganzen Branche. Letzte Eskalationsstufe wäre der Generalstreik, der die gesamte Wirtschaft lahmlegt. Betriebsversammlungen haben bereits stattgefunden, von Montag bis Mittwoch soll es jetzt zu einzelnen Warnstreiks kommen. Details dazu gibt die Gewerkschaft üblicherweise vorab nicht bekannt. Brisant sind diese Streiks, weil wichtige österreichische Industrieunternehmen wie Voestalpine, Magna, Miba oder Andritz betroffen sein könnten.
Warum kommt es zu diesen Warnstreiks?
Die Kollektivvertragsverhandlungen vergangene Woche sind ergebnislos abgebrochen worden. Die Gewerkschaft hat eine Lohnerhöhung von fünf Prozent und mindestens hundert Euro im Monat verlangt, die Arbeit- geber haben 2,7 Prozent und Verbesserungen beim Rahmenkollektivvertrag geboten, was in Summe laut Wirtschaftskammer drei Prozent ausmachen würde. Das sei ein faires Angebot, sagen die Arbeitgeber, die sich auf die jahrelangen Usancen berufen: Demnach berechnet sich die Lohnerhöhung üblicherweise aus Inflation plus Produktivitätsfortschritt. Die Inflation hat in den vergangenen zwölf Monaten 2,1 Prozent ausgemacht, der Produktivitätsfortschritt 0,7 Prozent.
Warum dann die schärfere Gangart der Gewerkschaft?
Die Warnstreiks richten sich nicht gegen die Regierung, sagt Metaller-Gewerkschaftschef Rainer Wimmer. Es gehe einfach darum, ein ordentliches Ergebnis zu erzielen. Tatsächlich spielt aber die Politik der türkis-blauen Bundesregierung die entscheidende Rolle: Seit im Sommer die Arbeitszeitflexibilisierung durchgepeitscht wurde, mit der entsprechend den Wünschen der Arbeitgeber ein Zwölf-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche ermöglicht wurde, ist die Gewerkschaft schwer verärgert und hat auch gleich angekündigt, eine schärfere Linie bei den Gehaltsverhandlungen im Herbst fahren zu wollen. Man wolle sich da „zurückholen“, was „genommen“worden sei.
Hat die Regierung nicht ohnehin höhere Löhne versprochen?
Ja, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache haben die Kollektivvertragsverhandler aufgefordert, einen spürbaren Lohnanstieg auszuverhandeln. Doch die Regierung hat da keinerlei Kompetenzen. Und Kollektivvertragsverhandler reagieren meist recht unwirsch auf gut gemeinte Ratschläge – selbst wenn diese von politisch befreundeter Seite kommen.
Wie erfolgversprechend sind die Streikdrohungen?
Streiks sind die schärfste Waffe, die eine Gewerkschaft zur Verfügung hat – und sie beinhalten durchaus ein Drohpotenzial: Laut Darstellung der Wirtschaftskammer-Vertreter würde ein Streiktag in der Metallindustrie zwischen 30 und 50 Millionen Euro kosten. Ein Generalstreik entsprechend mehr. Viele große Streiks hat es in Österreich in den vergangenen Jahren nicht gegeben, die wenigen waren aber durchaus erfolgreich: 2011 haben so wie heute die Mitarbeiter der Metallindustrie gestreikt und konnten damit ein besseres Ergebnis bei den Lohnverhandlungen erreichen als vorher von den Arbeitgebern zugestanden. 2003 wandte sich die Gewerkschaft gegen Reformpläne der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung. Die Eisenbahner wehrten sich damals erfolgreich gegen ein neues Dienstrecht, die Protestmaßnahmen gegen die Pensionsreform führten immerhin dazu, dass diese abgeschwächt wurde. Andererseits sind Streiks natürlich auch für die Gewerkschaft ein zweischneidiges Schwert: Scheitert sie oder ist sie nicht in der Lage, die Beschäftigten zum Mitmachen zu motivieren, geht sie selbst geschwächt aus der Auseinandersetzung hervor.