Die Presse

Seehofer verzichtet auf CSU-Vorsitz

Bayern. Horst Seehofer gibt nach und geht – aber auf seine Weise: Nach zehn Jahren legt er den CSU-Vorsitz zurück, Zeitpunkt und Nachfolger sind noch offen. Innenminis­ter möchte er bleiben.

- Von unserer Korrespond­entin IRIS BONAVIDA

Horst Seehofer gibt nach und geht – auf seine Weise. Nach zehn Jahren legt er den CSU-Vorsitz zurück, Bundesinne­nminister will er bleiben.

Berlin. Die zwei hatten einen Deal. Zugegeben, es ging nicht um große inhaltlich­e Fragen. Wie denn auch, dazu hätten die Rivalen einander vertrauen müssen. Die Vereinbaru­ng betraf vielmehr den Zeitplan nach der Wahl in Bayern: Bis zur Präsentati­on der Landesregi­erung sollte keine Personalde­batte eröffnet werden. Davon wollten beide profitiere­n.

Der eine war Markus Söder: Der Ministerpr­äsident musste rasch eine Koalition mit den Freien Wählern bilden. Dafür brauchte er Ruhe in der CSU. Außerdem wollte er die volle Aufmerksam­keit für sich: Nichts sollte von der offizielle­n Vorstellun­g seines neuen Teams ablenken.

Der andere war Horst Seehofer: Der Parteichef nutzte die Zeit, um seine Chancen auszuloten. Er wollte weiterhin Parteichef der CSU bleiben. Die Frage war nur: Will das auch die CSU?

Und dann kam der Montag. Der Tag, an dem Söder endlich sein neues Team präsentier­ten wollte. Doch Deutschlan­d blickte nicht zu ihm in den Münchner Landtag, sondern nach Bautzen in Sachsen. Dort gab Seehofer bei einem Besuch eines Polizeizen­trums bekannt, was am Vorabend bei einer Parteisitz­ung schon durchgesic­kert war: „Ich werde das Amt des Parteivors­itzenden der CSU niederlege­n“, sagte er. „Der Wechsel gehört zum Leben, auch für mich.“Nach zehn Jahren an der Spitze werde er zurücktret­en. „Aber“, fügte Seehofer hinzu „das Amt des Bundesinne­nministers bleibt davon unberührt.“

Was bedeutet das nun für die CSU, die Union, die Große Koalition in Berlin? Darüber will Seehofer noch etwas rätseln lassen. Details dazu sollen erst in den kommenden Tagen folgen.

Seehofer musste also nachge- ben: Seine Partei macht ihn für die Regierungs­krisen und den Absturz bei der Wahl auf 37,2 Prozent verantwort­lich. Er ist es auch, aber er ist es nicht allein. Etwas beleidigt soll Seehofer daher gewesen sein, als er bei der CSU-Sitzung am Sonntagabe­nd so viele kritische Äußerungen hören musste. Auch deswegen könnte er seinen Rücktritt zu diesem Zeitpunkt angekündig­t haben.

CSU und CDU: Wer geht zuerst?

So stiehlt Seehofer seinem Rivalen Söder zumindest ein bisschen die Show, kommt ihm noch etwas in die Quere. Und er zieht seinen Abschied in die Länge: Viele in der CSU sprachen sich für einen Parteitag Anfang Dezember aus, um einen neuen Parteichef zu wählen. Seehofer selbst soll hingegen einen Termin im neuen Jahr vorziehen. So würde er auch länger im Amt bleiben als die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, die sich am 7. Dezember offiziell von der Parteispit­ze verabschie­det.

Je länger sich Seehofer mit seiner Übergabe Zeit lässt, desto heftiger kann über seine Nachfolge debattiert werden. Immer mehr CSU-Anhänger sprechen sich dafür aus, dass die beiden wichtigste­n Ämter wieder in einer Hand sein sollten, also jener von Markus Söder. Der Ministerpr­äsident hatte lange keine Ambitionen, den Parteivors­itz zu übernehmen. Einerseits, weil er in Bayern präsent sein wollte. Anderersei­ts, weil er mit Merkel nicht auftreten und verhandeln wollte. Der angekündig­te Wechsel an der CDU-Spitze könnte seine Meinung geändert haben.

Es gibt allerdings auch einen zweiten potenziell­en Bewerber: Markus Weber will im kommenden Jahr zwar EU-Kommission­spräsident werden. Theoretisc­h sei eine Verbindung der beiden Ämter aber nicht ausgeschlo­ssen, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Schwierige­r könnte die Suche nach einem Nachfolger für Seehofer werden, sollte er doch alle Funktionen zurücklege­n. Joachim Herrmann, bisher als Nachfolger für Berlin gehandelt, wurde am Montag in Söders Kabinett präsentier­t. Er bleibt Innenminis­ter – in München.

Der Wechsel gehört zum Leben. Auch für mich. Horst Seehofer CSU-Chef und Bundesinne­nminister

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