Saudis suchen Entscheidung im Jemen
Schlacht um Hafenstadt. Die von Saudiarabien geführte Koalition hat einen Sturmangriff auf Hodeida am Roten Meer gestartet. Sie will den Nachschub ins Gebiet der Houthi-Rebellen kappen.
Kampfflugzeuge kreisen über der Stadt. Granaten prasseln auf die Wohnviertel nieder, schwarze Rauchsäulen stehen am Himmel. „Es ist die Hölle“, klagen Bewohner der jemenitischen Hafenstadt Hodeida. Sie versuchen verzweifelt, in ihren Häusern Schutz vor den Raketen zu finden.
Die Schlacht um den strategischen Umschlagplatz am Roten Meer, der wichtigsten Lebensader des Jemen für Nahrungsmittel, Benzin und Hilfsgüter, steht offenbar vor ihrem blutigen Finale. „In den vergangenen 30 Minuten hatten wir mehr als 15 Luftangriffe“, berichtete Mariam Aldogani, örtliche Mitarbeiterin von Save the Children. Märkte und Geschäfte sind geschlossen. Kaum ein Zivilist traut sich noch ins Freie, während Houthi-Rebellen und die von Saudiarabien ausgerüsteten Regierungstruppen in der Innenstadt um jedes Haus kämpfen.
Mit dieser Eskalation hat sich die gerade erst geweckte Hoffnung auf eine Waffenruhe wieder zerschlagen. Anfang November hatten USVerteidigungsminister Jim Mattis und US-Außenminister Mike Pompeo die verfeindeten Lager ultimativ aufgefordert, den Krieg innerhalb der nächsten 30 Tage zu beenden und Friedensgespräche aufzunehmen.
Stattdessen toben nun die schwersten Gefechte seit Monaten. Denn Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hoffen, mit der Eroberung von Hodeida den Krieg doch noch militärisch zu ihren Gunsten zu entscheiden. Am Wochenende trafen die Kriegsherren beider Golfstaaten einander in der saudischen Hauptstadt, Riad, um dort ihr weiteres Vorgehen zu beraten.
Derweil zieht sich der Ring um die belagerte Küstenstadt Hodeida immer enger, auch wenn der unersetzbare Hafen von den Kämpfen bislang offenbar verschont blieb. Mindestens 400 Menschen starben in den vergangenen sieben Tagen, viele Hunderte wurden verletzt, ein Krankenhaus von Raketen getroffen. Die meisten Ausfallstraßen sind blockiert, während die Houthis überall Minen auslegen und ihre Scharfschützen auf Hausdächern postieren.
Lokale Helfer versuchen derweil verzweifelt, Familien in weniger umkämpfte Stadtteile zu bringen. Angesichts dieser dramatischen Zuspitzung verschob UN-JemenVermittler Martin Griffiths die für Ende November in Schweden geplanten neuen Friedensverhandlungen zunächst einmal auf Ende des Jahres. Das US-Verteidigungsministerium Pentagon erhöhte am Wochenende den Druck auf Saudiarabien, indem es erstmals die seit dreieinhalb Kriegsjahren praktizierte Luftbetankung über dem jemenitischen Territorium beendete. 2900-mal waren US-Tankflugzeuge im Einsatz, um saudische Kampfflugzeuge mit Treibstoff zu versorgen. Dies erlaubte den Angreifern, wesentlich länger und häufiger über dem Jemen zu operieren.
Ohne die militärische und logistische Unterstützung der Vereinigten Staaten könnte Saudiarabien den Krieg im Jemen nicht führen. 85 Prozent des königlichen Waffenarsenals stammen aus den USA und Großbritannien, deren Experten im Einsatzzentrum in Riad auch bei der Auswahl der Bombenziele helfen.
Die Hälfte der 28 Millionen Jemeniten ist mittlerweile akut vom Hungertod bedroht, warnen die Vereinten Nationen. Sollten die lebenswichtigen Docks und Entladekräne in Hodeida bei den Gefechten zerstört werden, wäre ein Massensterben nahezu unabwendbar. „Uns fehlen die Worte zu beschreiben, wie desolat die Situation geworden ist“, erklärte Fabrizio Carboni, beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes zuständig für das Nahostprogramm.
Die Houthi-Führung reagierte unterdessen mit Durchhalteparolen, signalisierte in einem Beitrag für die „Washington Post“aber auch ihre Bereitschaft zu einer Friedensregelung. Man sei einverstanden, die Raketenangriffe auf Saudiarabien einzustellen, wenn Saudiarabien seine Luftangriffe beende, schrieb Mohammed Ali al-Houthi, Chef des Obersten Revolutionären Rates, der in Jemens Hauptstadt, Sanaa, faktisch die Macht ausübt.
Die von den Rebellen installierte Regierung dagegen zeigt erste Risse. Wie arabische Medien meldeten, setzte sich der Informationsminister unter den Houthis, Abdul-Salam Ali Gaber, nach Saudiarabien ab. Die Houthi-Milizen, behauptete er am Sonntag nach seiner Ankunft in Riad, „liegen in den letzten Zügen“.
und seine Verbündeten führen seit März 2015 eine massive Militäroperation im Jemen durch. Sie kämpfen auf der Seite der international anerkannten Regierung, um die HouthiRebellen zurückzudrängen. Die vom Iran unterstützten Houthis kontrollieren die Hauptstadt Sanaa. Durch die saudischen Bombardements wurden zahlreiche Zivilisten getötet.