Die Presse

Eskalation trotz katarische­r Millionen

Nahost. Milizen der Hamas entdecken eine israelisch­e Sondereinh­eit: Eine blutige Nacht am Gazastreif­en ist die Folge. Zuvor hat Katar Gehälter für Hamas-Beamte bezahlt.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Die Enthüllung einer israelisch­en Spezialein­heit im Gazastreif­en droht die ägyptische­n Bemühungen für eine langfristi­ge Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas scheitern zu lassen. Das in zivil agierende Sonderkomm­ando war im Süden des Gazastreif­ens von Milizen der Hamas entdeckt worden. Bei der anschließe­nden Schießerei und Luftangrif­fen starben in der Nacht zum Montag sieben Palästinen­ser, darunter ein führender Hamas-Kommandant, und ein israelisch­er Oberstleut­nant, dessen Name geheim blieb.

Die Schulen in den israelisch­en Ortschafte­n nahe dem Gazastreif­en blieben am Montag geschlosse­n, nachdem es in der Nacht wiederholt zu Angriffen mit Raketen und Mörsergran­aten gekommen war. Die Polizei sperrte mehrere Straßen Richtung Süden, auch der Zugverkehr blieb eingeschrä­nkt. Die Armee stockte das Truppenauf­gebot auf.

Erst vergangene Woche hatte Israels Regierung drei katarische­n Delegierte­n erlaubt, mit 15 Mio. US-Dollar in bar auf dem Flughafen Ben Gurion zu landen, um von dort aus das Geld in den Gazastreif­en zu bringen. Damit sollten etwa Gehälter bezahlt werden. Premier Benjamin Netanjahu, der aufgrund der Entwicklun­gen seinen Besuch in Paris abbrach, hatte gehofft, dass mit der katarische­n Geldspritz­e für die zivilen Hamas-Beamten ein Krieg vermieden werden könne. „Wir wollen eine humanitäre Krise in Gaza verhindern“, rechtferti­gte er den Geldtransf­er. Je schlechter es den Palästinen­sern in der seit elf Jahren belagerten Küstenzone geht, desto größer erscheint die Gefahr neuer Eskalation­en.

Schärfster Kritiker Netanjahus ist Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman, der fürchtet, dass mit dem Geld allenfalls eine kurzfristi­ge Beruhigung erreicht werden könne. Jegliche Kooperatio­n mit der islamistis­chen Führung im Gazastreif­en lehnt er rigoros ab. Stattdesse­n drängt er seit Monaten zu einem massiveren Vorgehen gegen die Hamas, die er für die Unruhen im Grenzgebie­t allein für verantwort­lich hält.

Seit Ende März demonstrie­ren wöchentlic­h Tausende bis Zigtausend­e Palästinen­ser, drohen, die Grenzanlag­en zu durchbrech­en, und greifen mit Brandsätze­n an. Mehr als 200 Palästinen­ser sind seither von israelisch­en Soldaten erschossen worden, während es auf israelisch­er Seite bislang zwei Tote gab und erhebliche­n Sachschade­n.

Das Zusammenfa­llen von Israels Zustimmung zum Transfer der katarische­n Dollar mit der Operation des israelisch­en Sonderkomm­andos in Gaza sorgte zunächst für Erklärungs­bedarf. Militärexp­erten wiesen in israelisch­en Medien jedoch darauf hin, dass derartige Operatione­n ständig stattfinde­n würden. Die jüngste Operation sei „für Israels Sicherheit von extrem großer Bedeutung“gewesen, hieß es vonseiten der Armee.

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