Die Presse

Vox, die iberische Stimme der Rechtspopu­listen

Spanien. Ultranatio­nalisten sind auch auf der iberischen Halbinsel im Aufwind. Vox, eine Abspaltung der Volksparte­i, kann damit rechnen, 2019 in Rathäuser und ins EU-Parlament einzuziehe­n. Ihr Motto: „Spanien zuerst“.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Madrid. Nun hat auch Spanien seine rechtspopu­listische und europaskep­tische Partei. Sie nennt sich Vox, ist eine Abspaltung der konservati­ven Volksparte­i (PP) und wächst schnell. So schnell, dass sie auf Facebook schon ähnlich viele Anhänger hat wie die großen Volksparte­ien, die Konservati­ven oder die Sozialiste­n. Jüngst ließen die Rechtspopu­listen, die unter dem Motto „Spanien zuerst“antreten und eine „starke Nation“beschwören, in der spanischen Hauptstadt, Madrid, die Muskeln spielen: Sie füllten die frühere Stierkampf­arena Vistalegre mit 10.000 Menschen.

Die Wahlumfrag­en lassen wenig Zweifel daran, dass Spaniens Rechtspopu­listen, die offen mit Frankreich­s Rassemblem­ent National (früher Front National) und Deutschlan­ds AfD sympathisi­eren, im Aufwind sind. In den neusten Meinungser­hebungen werden Vox schon bis zu fünf Prozent der Stim- men zugetraut. Wenn sich an dieser Tendenz nichts ändert, könnte die Partei 2019 in spanische Rathäuser und auch ins Europaparl­ament einziehen. Ein Szenario, das signalisie­rt, dass Spanien nicht länger immun ist gegen europa- und fremdenfei­ndliche Bewegungen.

Dabei ist es vermutlich kein Zufall, dass diese schon 2013 gegründete ultranatio­nalistisch­e Partei, die bisher in Spanien keine Rolle spielte, ausgerechn­et jetzt Zulauf gewinnt: Erst provoziert­e der katalanisc­he Unabhängig­keitskonfl­ikt 2017 die schlimmste innenpolit­ische Staatskris­e seit Jahrzehnte­n und brachte die territoria­le Einheit Spaniens in Gefahr. Dies ließ vor allem rechts der politische­n Mitte Rufe nach einem harten Durchgreif­en gegen separatist­ische Strömungen aufleben.

Dann rückte Spanien ins Zentrum der europäisch­en Migrations­krise, was ebenfalls große gesellscha­ftliche Spannungen provoziert: 2018 wurde das Land zum Hauptziel der Migranten, die übers Mittelmeer nach Südspanien oder in die beiden spanischen Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla kommen. Seit Jänner wurden rund 55.000 Ankünfte registrier­t – mehr als doppelt so viele wie in Italien. Seit Monaten warnen spanische Hilfsorgan­isationen davor, dass die Bilder von überfüllte­n Auffanglag­ern in der Bevölkerun­g Angst vor einer Überfremdu­ng schüren könnten.

„EU ein Feind Europas“

Vox-Chef Santiago Abascal, der früher für die PP im Parlament saß, nutzt diese Themen, um auf Stimmenfan­g zu gehen. Etwa in Sachen Einwanderu­ng: Vox wolle, „dass alle, die ohne Erlaubnis in unser Land kommen, unverzügli­ch ausgewiese­n werden“, sagt er. Und dass „jegliche Hilfe für illegale Immigrante­n verboten wird“. Er beklagt eine „Migranteni­nvasion“an Spaniens Grenzen, sieht Flüchtling­sorganisat­ionen als Komplizen der Menschensc­hmuggler und behauptet, dass Einwandere­r „in Spanien mehr Rechte haben als die Spanier“.

Auch die Europäisch­e Union wird von ihm heftig attackiert. Abascal: „Man muss zwischen Europa und der EU unterschei­den. Wir sehen die aktuelle EU, vor allem wegen ihres föderalist­ischen Triebs, als Feind Europas.“Er wolle stattdesse­n „ein neues Europa, das auf der Souveränit­ät seiner Nationen, der christlich­en Identität Europas und auf der Ablehnung der massiven Einwanderu­ng gegründet ist“. Also weniger europäisch­e Integratio­n durch das Zusammenwa­chsen der EU-Mitgliedst­aaten und wieder mehr Macht für die Nationalst­aaten. Damit liegt Vox auf der Linie der Rechtspopu­listen anderer europäisch­er Länder.

„Wir sind keine Kolonie Brüssels“, fasst Abascal seine Botschaft zusammen, die bei der EU-Kommission zunehmend Stirnrunze­ln auslöst. Querschüss­e aus dem treuen Spanien, wo die Bevölkerun­g bisher wie in kaum einem anderen Mitgliedst­aat hinter der EU stand – das hat in Zeiten zunehmende­r EU-Skepsis auf dem Kontinent gerade noch gefehlt.

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