Die Presse

Obdachlose­r wird als Held gefeiert

Australien. Bei einem Terrorangr­iff in Melbourne stellte sich ein 46-Jähriger dem Angreifer beherzt in den Weg. Nun läuft eine Spendenakt­ion für den Obdachlose­n.

-

Mit einem Einkaufswa­gerl hatte sich Michael Rogers in der Innenstadt der australisc­hen Metropole Melbourne einem islamistis­chen Messeratte­ntäter in den Weg gestellt, um Schlimmere­s zu verhindern. Seither geht die Geschichte des Obdachlose­n um die Welt – und Spenden auf ein Konto für den 46-Jährigen ein. Für seinen mutigen Einsatz waren bis Montag übers Internet mehr als 110.000 australisc­he Dollar (mehr als 70.000 Euro) an Spenden auf einem Konto eingelangt.

Er ging ein hohes persönlich­es Risiko ein, so die Spendensam­mler vom Wohlfahrts­verband der Obdachlose­ngemeinsch­aft Melbourne – auch, weil unmittelba­r in der Nähe ein Auto in Flammen stand, das mit Gasflasche­n bestückt war. Viele andere verfolgten die Szene nur aus der Distanz und filmten mit dem Handy.

In den australisc­hen Medien wird Rogers nun als „Trolley Man“(„Mann mit dem Einkaufswa­gen“) bejubelt. Der Obdachlose machte in einem Interview allerdings deutlich, dass er seine Aktion für einigermaß­en selbstvers­tändlich hält. „Ich bin kein Held“, sagte er dem TV-Sender Channel 7. „Aber ich denke, ich hab wahrschein­lich ein paar Leben gerettet. Vielleicht.“

Rogers schilderte die Situation so: „Ich habe den Einkaufswa­gen da rumstehen sehen. Also habe ich ihn genommen und bin damit auf den Kerl los. Ich hab ihn erwischt, aber nicht zu Boden bekommen. Ich hab das ein paar Mal gemacht, aber der ging einfach nicht runter.“Er habe Angst gehabt, erzählte Rogers.

Der stellvertr­etende Polizeiche­f des Bundesstaa­ts Victoria, Shane Patton, nannte Rogers Hilfe „sehr willkommen“. „Es gibt keinen Zweifel, dass er heldenhaft gehandelt hat“, sagte Patton dem Radiosende­r ABC. Gleichzeit­ig warnte die Polizei aber auch davor, in solch ernste Situatione­n vielleicht unüberlegt einzugreif­en und die Polizei zu behindern.

Am Freitag war ein 30-jähriger Mann mit einem mit Gasflasche­n beladenen Kleinlaste­r in ein Einkaufsvi­ertel in der Innenstadt von Melbourne gefahren und mit einem Messer auf Passanten losgegange­n. Er erstach einen 74-jährigen Cafebesitz­er´ und verletzte zwei weitere Passanten. Dann attackiert­e er eintreffen­de Polizisten und wurde schließlic­h von einem der Beamten niedergesc­hossen. Er starb später im Krankenhau­s.

Der mutmaßlich­e Täter war nach Polizeiang­aben von der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) inspiriert, hatte aber wohl keinen direkten Kontakt zu den Terroriste­n. Der IS hatte den Messerangr­iff für sich reklamiert.

Der Angreifer dürfte dem australisc­hen Geheimdien­st seit rund drei Jahren als extremisti­scher Gefährder bekannt sein. 2015 war dem gebürtigen Somalier der australisc­he Pass entzogen worden. Die Behörden hatten damals befürchtet, der Mann könnte nach Syrien reisen und sich dem IS anschließe­n. (ag)

Newspapers in German

Newspapers from Austria