Gewerkschaft droht mit ganztägigen Streiks
Löhne. Bis inklusive Mittwoch wird in 200 Betrieben gestreikt. Die Regierung appelliert an die Sozialpartner, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch wegen des Fachkräftemangels hat die Gewerkschaft derzeit gute Karten.
Wien. Für den Abbruch der Lohnverhandlungen will niemand verantwortlich sein. Die Arbeitgeber hätten ihn provoziert, heißt es von der Gewerkschaft. Die Gewerkschaft hätte die Verhandlungen zum Scheitern gebracht, findet der zuständige Fachverband der Metallindustrie. Verhandlungen gibt es vorerst jedenfalls keine. Stattdessen: Warnstreiks in ganz Österreich. Es ist der erste größere Streik seit dem Jahr 2011, als es in rund 200 Firmen zum Ausstand kam. Den Auftakt machte die Gewerkschaft gestern, Montag, bei Collini in Wien. Nicht zufällig: Firmenchef Johannes Collini ist ArbeitgeberChefverhandler. Die Stimmung sei ganz gut gewesen, zwischen 70 und 100 Schichtarbeiter hätten sich beteiligt, sagt ein Gewerkschafter, der dabei war. Auch bei Bombardier, Internorm, Wacker Neuson und Teilen der Voestalpine wurde oder wird zum Ausstand gerufen. In Summe finden von Montag bis Mittwoch in 200 Betrieben Warnstreiks statt, so die Gewerkschaft. Die seit voriger Woche laufenden Betriebsversamm- lungen werden in Warnstreiks umgewandelt. Sie sind auf zwei Stunden befristet.
Gut möglich, dass es dabei nicht bleibt. Sollte es kein „substanzielles Angebot“der Arbeitgeberseite geben, dann „wird es am 19. November richtig ernst“, sagte Arbeitnehmerverhandler Rainer Wimmer von der Produktionsgewerkschaft Pro-Ge zur APA. Dem Vernehmen nach wollen die Arbeitnehmer in diesem Fall ab Montag ganze Schichten ausfallen lassen, die Arbeit also für acht Stunden niederlegen. Man sei aber sehr wohl gesprächsbereit, so Wimmer.
Das sind auch die Arbeitgeber. Sprecher Christian Knill forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Streiks brächten niemandem etwas, sie verursachten nur Kosten für Betriebe und Beschäftigte. Die Arbeitgebervertreter werfen der Gewerkschaft vor, dass ihre Aktionen politisch motiviert seien, weil sie sich gegen das von der Regierung beschlossene Arbeitszeitgesetz richteten. Die Gewerkschaft weist das zurück, es gehe darum, ein ordentliches Ergebnis zu erzielen. Gestreikt wird vorerst nur in der metalltechnischen Industrie mit rund 130.000 Beschäftigten. Laut Arbeitgebervertreter Knill kostet ein Streiktag die 1200 Betriebe bis zu 50 Mio. Euro.
Regierung mischt sich wieder ein
Die Gewerkschaft will eine Lohnerhöhung von fünf Prozent plus einen Ausgleich für die neue Höchstarbeitszeit – darunter eine sechste Urlaubswoche und höhere Überstundenzuschläge. Die Arbeitgeber bieten 2,7 Prozent. Wegen des akuten Fachkräftemangels hat die Gewerkschaft im Moment gute Karten: Laut Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) ist der Stellenandrang, der die Zahl der Arbeitslosen je offener Stelle misst, so niedrig wie zuletzt 1991.
Unterdessen mischte sich die Bundesregierung nun schon ein zweites Mal in die Lohnverhandlungen ein. Die Sozialpartner sollten nicht den Weg des Widerstands gehen, sondern den der Gemeinsamkeit, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in einer Stellungnahme. Erst kürzlich forderte die Regierungsspitze einen „fairen Abschluss“. Kurz und Strache brachen damit die Tradition, dass sich die Regierung aus den Lohnverhandlungen heraushält.
Nach dem Beginn der Warnstreiks in der metalltechnischen Industrie am gestrigen Montag hat die Arbeitnehmerseite ihr Drohpotenzial weiter erhöht: Gebe es keine neue Verhandlungsrunde mit einem „substanziellen Angebot, wird es am 19. November richtig ernst“, sagte Arbeitnehmerverhandler Rainer Wimmer. Die Metaller wollen dann am kommenden Montag ganze Schichten ausfallen lassen, also die Arbeit für acht Stunden niederlegen und nicht nur für zwei bis drei wie während der laufenden Warnstreiks. Bis Mittwoch soll es in 200 Betrieben Warnstreiks geben. Den Auftakt machte die Gewerkschaft gestern bei Collini in Wien. Nicht ganz zufällig: Firmenchef Johannes Collini ist Arbeitgeber-Chefverhandler. Gestreikt wurde auch bei Bombardier, Internorm, Wacker Neuson und Teilen der Voestalpine.