Wie eine „gute Seele“zum Bauernopfer geworden ist
Gastkommentar. Das Trauerspiel Burgtheater unter Hartmann ist nur scheinbar beendet.
Schon allein, weil in der Causa Burgtheater „strengstes Stillschweigen der Prozessparteien“, die jahrelang bei Gericht verhandelt und sich über die Medien gegenseitig Ungeheuerlichkeiten vorgeworfen hatten, vereinbart wurde, muss das Publikum hellhörig werden. Denn das Postulat der Verheimlichung von Fakten stellt ein denkbar negatives Zeugnis für alle Beteiligten dieser Schandvereinbarung dar.
Der Vorwurf ist deshalb mehr als berechtigt, weil zuerst ein völliges Versagen sämtlicher Kontrollorgane festzustellen ist. Führend war dabei der „in Ehren“in den vorzeitigen Ruhestand geleitete Dr. Georg Springer.
Am Ende des Tages sind alle unschuldig. Übrig bleibt ein Bauernopfer, nämlich die einstmalige „gute Seele des Burgtheaters“, Silvia Stantejsky. Einen Teil des finanziellen Schadens übernehmen die Versicherungen, den großen Rest will man sich noch von Frau Stantejsky holen.
Erinnert sei daran, dass der Hauptverantwortliche Georg Springer einen zwar ausgezeichneten Regisseur, nämlich Matthias Hartmann, auch für kaufmännische Angelegenheiten installiert hatte. Als in der Folge offensichtlich wurde, dass schnell gehandelt werden müsse, wurde durch Taschenspielertricks das immer größer werdende Fiasko zu verheimlichen versucht. Erst Kulturminister Josef Ostermayer zog die Notbremse und entließ Hartmann. Ex post ist festzuhalten, dass auch alle anderen Beteiligten hätten ausgetauscht werden müssen.
Nicht nur finanzieller Schaden
Es ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, wenn der Rechtsfrieden wieder hergestellt wird. Im gegenständlichen Fall ist dies freilich schärfstens zu kritisieren, weil plötzlich nur noch gegen eine Alleinverantwortliche ermittelt wird. Mit Recht werden auch die hohen Versicherungsprämienzahlungen kritisiert. Es geht aber nicht nur um den finanziellen Schaden. Auch der Prestigeverlust des Unternehmens Burgtheater ist gewaltig und in Ziffern nicht messbar.
Kusej hätte es anders gemacht
Hätte Springer schon damals den von Kennern viel höher eingeschätzten und nunmehr künftigen Direktor, Martin Kusej, ernannt, dann wäre uns Steuerzahlern und Kulturbeflissenen dieses Fiasko erspart geblieben. Kusej hätte als erfahrener Fachmann darauf gedrängt, dass ein routinierter Fachmann die kaufmännische Leitung übernimmt – und nicht einer zwar gewiss immens fleißigen und loyalen Mitarbeiterin diese Agenda übertragen wird.
In diesem Trauerspiel wären als Mitverantwortliche auch die Wirtschaftsprüfer anzuklagen, die sich jahrelang gut bezahlen ließen, deren Aufschrei wegen mangelhafter Kontrolle aber ausgeblieben war. Deshalb bezahlt auch deren Versicherung einen Teil des finanziellen Schadens. Den Rest will man sich von Stantejsky holen, obwohl jedermann weiß, dass sie nicht nur finanziell am Ende ist.
Ich behaupte, dass bei einer offensiveren, routinierten Verteidigung ihr Freispruch zu erreichen gewesen wäre. Alle Hauptverantwortlichen hätten als Zeugen vernommen werden müssen. Das wäre eine Vorführung für Freunde des Kabaretts geworden, denn Hartmann verwechselt den Gerichtssaal mit einer Theaterbühne.
Das Trauerspiel Burgtheater unter Hartmann ist daher nur scheinbar beendet. Mir widerstrebt es, untätig zu bleiben. Ich gehe auch davon aus, dass der neue Kulturminister sich vollständig und richtig informieren lässt, um sich bei nächster Gelegenheit nicht vorwerfen lassen zu müssen, dass er diesen Skandal nicht vollständig aufgeklärt sehen wolle.