Regeln gegen Hass im Netz
Internet. Die Regierung diskutierte Maßnahmen gegen den Hass im Netz. Eine Klarnamenpflicht hält man für nicht zielführend.
Die Koalition will ein „digitales Vermummungsverbot“. Eine Klarnamenpflicht hält man für nicht zielführend.
Es ist ein legendärer Cartoon aus dem Magazin „The New Yorker“, der 1993 die Vorzüge des Internets beschrieb. Man sieht zwei Hunde vor einem Computer sitzen, sagt der eine zum anderen: „Im Internet weiß niemand, dass Du ein Hund bist.“
Die völlige Anonymität war damals eines der größten Versprechen des neuen Mediums. Und ist es in Teilen der Welt noch heute: Nur anonym können manche Menschen Kritik an ihrer Regierung oder an den Zuständen in ihrem Land äußern. Auf der anderen Seite führt diese Anonymität aber auch in den sozialen Medien zu hasserfüllten Postings gegen bestimmte Personengruppen oder Minderheiten.
Mit einem Gipfel für Verantwortung im Netz und Gewaltprävention suchte die Regierung, angeführt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler HeinzChristian Strache (FPÖ), gestern nach Lö- sungen. Herausgekommen ist ein „digitales Vermummungsverbot“, das es zwar weiterhin ermöglichen soll, anonyme Nachrichten zu schreiben. Bei Straftaten sollen die Behörden aber auf die Namen der Ver- dächtigen zugreifen können. Eine dezidierte Klarnamenpflicht für Auftritte auf sozialen Medien wird es aber nicht geben. Durch eine solche Maßnahme sei in anderen Ländern der Hass im Netz nicht zurückgedrängt worden, erklärte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) bei dem „Gipfel“.
Wie das digitale Vermummungsverbot umgesetzt werden soll, konnte gestern noch niemand im Detail erklären. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) stellte aber klar, dass auch große US-Konzerne nicht ausgenommen werden sollen. Eine Arbeitsgruppe wurde eingesetzt. Die Idee sei, dass jemand, der Unrecht begehe, nicht mehr die Möglichkeit haben dürfe, sich in der Anonymität des Internets zu verstecken, betonte Bundeskanzler Kurz. Der Umgang miteinander funktioniere in der realen Welt ganz gut, in der digitalen komme es aber immer öfter zu Grenzüberschreitungen.
Lob vom VÖZ
Die Reaktionen auf die Initiative fielen unterschiedlich aus. So warnten etwa die Internetprovider (ISPA) vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit und -vielfalt. In einer Aussendung wird die „reine Symbolpolitik“kritisiert, die an den wahren Problemen völlig vorbeigehe. Bei der geplanten Maßnahme der Regierung handle es sich praktisch um eine Klarnamenpflicht. Dabei sei es für politisch Verfolgte, aber auch für viele muslimische Mädchen oft nur im Schutz der absoluten Anonymität möglich, in sozialen Medien aktiv zu sein.
Ganz anders die Einschätzung des Verbands der österreichischen Zeitungsherausgeber (VZÖ): Dessen Präsident, Markus Mair, nannte die „De-Anonymisierung“einen gangbaren Weg, um der zunehmenden Verschärfung des Meinungsklimas im Netz entgegenzuwirken. „Demokratischer Diskurs erfordert ehrliche Standpunkte, die auch offen vertreten werden. In unseren Printpublikationen werden ja auch keine anonymen Leserbriefe publiziert“, so Mair.
Dass eine Klarnamenpflicht nicht unbedingt zu besseren Umgangsformen führt, zeigte die ehemalige Grünen-Abgeordnete, Sigi Maurer. Sie berichtete gestern auf Facebook über ein hasserfülltes Posting samt dem Bild eines Penis, das sie erhalten habe. Der Absender habe sich dabei mit seinem Namen, seiner Handynummer und der Adresse identifiziert. (red./APA)