Europas Notfallplan für Brexit
EU-Austritt Großbritanniens. Kommission veröffentlicht ihre Bereitschaftspläne für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen mit London.
Die EU-Kommission hätte keinen besseren Zeitpunkt wählen können, um den öffentlichen Druck auf Großbritannien zu steigern: Pünktlich zur Sitzung des Kabinetts von Premierministerin Theresa May, bei der es um die Modalitäten des Brexit ging, veröffentlichte die Brüsseler Behörde am gestrigen Dienstag ihre ersten Bereitschaftspläne für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen mit London. Die Gespräche liefen zwar weiter, und es gebe Fortschritte, sagte der Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, im Europaparlament in Straßburg. Doch seien die Vorbereitungen auf eine No-Deal-Notfallplanung notwendig.
Die Verhandlungen spießen sich nach wie vor an der Nordirland-Frage. Die Beibehaltung einer offenen Grenze zwischen Nordirland und Republik Irland, die Brüssel von London einfordert, ist mit dem Wunsch der britischen Austrittsbefürworter nach einem Ausklinken aus dem EU-Binnenmarkt nicht unter einen Hut zu bringen. Wegen ihrer Bemühungen, einen Kompromiss herbeizuführen, der ganz Großbritannien an die EU-Zollunion koppeln würde, wird May sowohl von den Brexit-Befürwortern als auch -Gegnern in ihrer Partei angegriffen.
Der gestern publizierte Teil der EU-Pläne betrifft den Reiseverkehr: Briten und EUBürger werden darin unter anderem darauf hingewiesen, dass nach einem harten Brexit Führerscheine unter Umständen nicht mehr gegenseitig automatisch anerkannt wären, hohe Roaming-Gebühren anfallen, Haustiere nicht mehr mitgenommen werden dürften und die Rechte von Passagieren britischer Airlines nicht mehr EU-konform gewährleistet würden. Um zu verhindern, dass der Personenverkehr zwischen Großbritannien und der EU völlig zum Erliegen kommt, schlägt die Kommission ein Aussetzen der Visumpflicht für Briten vor – sofern London EU-Bürger ebenfalls ohne Visum nach Großbritannien einreisen lässt.
„Der Austritt Großbritanniens wird zu Brüchen führen, ob nun ein Vertrag kommt oder nicht. Wir haben alle die Pflicht, so wenig Schaden wie möglich anzurichten“, sagte Timmermans. (ag./la)