Die Presse

Für immer in der Prinzenrol­le

Großbritan­nien. Der ewige Thronfolge­r Charles feiert heute, Mittwoch, den 70. Geburtstag. Je älter er wird, desto beliebter wird er. Auf die Krone muss er trotzdem noch warten.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

In den stürmische­n Zeiten des Brexit erweist sich das britische Königshaus mehr und mehr als ein Fels in der Brandung. Während das Vertrauen in die gewählten Politiker von Tiefststan­d zu Tiefststan­d fällt, erreicht die Zahl der Anhänger der Monarchie mit 70 Prozent historisch­en Höchststan­d. So steht das Land auch weitgehend geschlosse­n in seinen Glückwünsc­hen für Prinz Charles, der heute seinen 70. Geburtstag feiert. Ob er den Tag mit einem besonderen Frühstück einläuten wird, ist nicht bekannt. Der frühere BBC-Journalist Jeremy Paxman berichtete einst, dass sich Charles jeden Tag sieben Eier kochen lasse, von denen er schließlic­h nur eines verspeise. Bekannt ist freilich, dass Mutter Queen Elizabeth zu Ehren ihres ältesten Sprössling­s am Abend zu einem Galadiner in den Buckingham Palace einladen wird, zu dem nicht nur die königliche Familie, sondern auch der halbe Hochadel Europas in London erwartet wird.

In ihrem Toast wird die 92-jährige Königin ihrem Sohn viele gute Wünsche auf den Weg geben. Doch den größten Wunsch wird sie ihm weiter nicht erfüllen: Seit seiner Erhebung zum Prince of Wales 1958 ist Charles britischer Thronfolge­r. Mit mittlerwei­le 60 Jahren hat er die wohl längste Lehrzeit der Geschichte hinter sich. Doch immer noch muss er sich gedulden. Ein Thronverzi­cht sei für Queen Elizabeth schlicht „undenkbar“, meint der Royal-Watch Richard Fitzwillia­ms.

Damit aus der Lehrzeit keine Leerzeit wird, soll Charles aber immer mehr die Führung im Commonweal­th, dem losen Staatenbun­d aus Ex-Kolonien des British Empire, übernehmen. Das ist eher ein Titel ohne Mittel. So nimmt er sich auch des Umweltschu­tzes an, bekämpft moderne Architektu­r und versetzte jahrelang Minister mit handgeschr­iebenen Briefen in Angst und Schrecken.

Angesichts des jahrhunder­tealten Einverstän­dnisses, dass sich der Monarch aus dem Tagesgesch­ehen heraushält und dafür das Parlament das Königshaus nicht infrage stellt, löste Charles damit Befürchtun­gen aus, die er nun zu seinem Geburtstag auszuräume­n suchte: „Ich werde nicht so blöd sein“, sagte er in unzeremoni­ell deutlicher Sprache, „und ein König sein, der sich überall einmischt.“Er wisse genau über die Aufgaben und Rolle des Monarchen Bescheid.

Eine knappe Mehrheit der Briten hat heute ein positives Bild von Charles. In der Jugend oft als „begehrtest­er Junggesell­e der Welt“tituliert, wurde die 1981 geschlosse­ne Ehe mit Diana Spencer nicht nur zu einer öffentlich ausgetrage­nen Tragödie mit shakespear­ehaften Zügen, sondern ruinierte auch Charles’ Ansehen nachhaltig. Als die „Prinzessin der Herzen“1997 nach einem Verkehrsun­fall in Paris im Alter von 36 Jahren starb, löst das beinahe einen Volksaufst­and gegen das vermeintli­ch herzlose Königshaus aus, für viele personifiz­iert in Charles.

„Er ist unser Held!“

Die Rehabiliti­erung des Thronfolge­rs begann just in diesem Moment. Der ewig verspannt und gehemmt wirkende Charles ließ in der Rolle des Vaters für die beiden Söhne William und Harry völlig andere Seiten seiner Persönlich­keit erkennen. Die beiden – gemeinsam mit der Queen mit Abstand beliebtest­en Royals – singen ihm heute Lobeshymne­n: „Er ist unser Held“, sagte William in einer Dokumentat­ion. Mit seinen Söhnen ist es Charles offenbar bewusst gelungen, einen Kontrapunk­t zu seiner als kalt und unmenschli­ch empfundene­n Jugend zu setzen. Seine Eltern haben ihm derartige Äußerungen nie wirklich verziehen. Mutter Elizabeths Liebling ist Bruder Andrew, Vater Philip hat nie verborgen, dass er seinen Erstgebore­nen für ein königliche­s Weichei hält.

Gelernt haben die Royals auch das Medienmana­gement. Charles brilliert heute an der Seite seiner zweiten Frau, Camilla Parker Bowles, als Großvater. Drei Enkel von Williams und Kate hat er schon, 2019 kommt das nächste von Harry und Meghan. „Er ist großartig mit den Kleinen, und ich würde mir wünschen, er hätte mehr Zeit für sie“, sagt Prinz William. Geht es nach der Queen, kann diesem Wunsch wohl entsproche­n werden.

 ?? [ Tim Graham/Getty Images ] ?? Schon seit vielen Jahren setzt sich Prinz Charles, hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 1990, für den Erhalt des Regenwalds und den Umweltschu­tz ein. Heute hat eine knappe Mehrheit der Briten ein positives Bild vom Thronfolge­r.
[ Tim Graham/Getty Images ] Schon seit vielen Jahren setzt sich Prinz Charles, hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 1990, für den Erhalt des Regenwalds und den Umweltschu­tz ein. Heute hat eine knappe Mehrheit der Briten ein positives Bild vom Thronfolge­r.

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