Die Verteidigungsrede der Sonja W.
KH Nord. Ex-Gesundheitsstadträtin Wehsely sieht vor dem U-Ausschuss keine Fehler bei sich, lobte ihre politische Arbeit und ortete die Verantwortung für das Fiasko bei ihren Managern.
Unter Blitzlichtgewitter und mit enormem Medieninteresse ging am Dienstag der Höhepunkt jener Untersuchungskommission über die Bühne, der das Fiasko beim Bau des Spital Nord untersucht. Immerhin wurde mit Sonja Wehsely jene SPÖ-Politikerin in den Zeugenstand geladen, die von 2007 bis 2017 zehn Jahre lang das Gesundheitsressort der Stadt Wien geleitet hatte. Und unter deren politischer Aufsicht der Bau völlig entgleist war.
Ihre Verteidigungslinie machte die nunmehrige Siemens-Managerin, die gut gelaunt und entspannt vor die Kommission trat, davor noch mit einigen Anwesenden scherzte, direkt vor ihrer Einvernahme den wartenden Journalisten klar: Man müsse Großprojekte künftig so aufstellen, dass man der Bauwirtschaft Paroli bieten könne – denn die Bauwirtschaft hätte eigene Interessen. Nachsatz: Dafür, der Bauwirtschaft Paroli zu bieten, sei das Management verantwortlich – also die Führung des Krankenanstaltenverbunds KAV, die zuständigen Manager.
Wehsely wörtlich: „Man muss trennen zwischen der politischen und der operativen Verantwortung.“Nachsatz: „Es gibt ein Management, das für die operative Verantwortung eingesetzt und bezahlt wird.“Das wiederholte die Ex-Stadträtin während ihrer Befragung immer wieder, was FPÖKommissionsmitglied Wolfgang Seidl dann merklich verärgert so quittierte: „Sie versuchen die Schuld an das Management abzuschieben.“
Grundsätzlich gab sich Wehsely, wie man sie immer kannte: angriffig und äußerst selbstbewusst. Zu Beginn ihrer Einvernahme lobte sie ausgiebig ihre eigene politische Ära, also das Spitalskonzept 2030, den Bau neuer Pflegewohnhäuser, die Wiener Mindestsicherung etc. Das sei ihre Aufgabe als Politikerin gewesen, erklärte die Ex-Stadträtin. Bei sich selbst sah sie keinerlei Schuld für das Entgleisen des Milliardenprojekts: „Das würde ich heute wieder so machen“, antwortete sie öfters auf Fragen der Kommission, die aus Gemeinderäten aller Parteien besteht. Und (wieder) verwies sie darauf, dass sie nicht die operative Verantwortung gehabt habe. Angesprochen darauf, dass sie die Verantwortung für dieses Management trage, erklärte sie knapp: „Selbstverständlich habe ich das Auswahlverschulden für die Führungskräfte.“Sie selbst habe aber keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass die Projektorganisation gut aufgestellt gewesen sei: Das habe die interne Revision des KAV ebenso mehrfach festgehalten wie der damalige KAV-Generaldirektor Wilhelm Marhold und das Wiener Kontrollamt.
Merklich ungehaltener wurde die Ex-Politikerin nur, als es um den Zeitpunkt ihrer Vertragsunterzeichnung bei Siemens ging, das die Stadt Wien im Medizinbereich beliefert. Als Neos-Mandatar Christoph Wiederkehr wissen wollte, ob Wehsely ihren Vertrag bei Siemens unterschrieben habe, als sie noch verantwortliche Gesundheitsstadträtin war, reagierte diese empört: „Was wollen Sie insinuieren?“Und: Das sei nicht Gegenstand der Untersuchungskommission.
Nach einigem Hickhack erklärte dann Wehsely: Sie habe nie Einfluss auf Auftragsvergaben genommen und von Siemens keine Vorteile in Aussicht gestellt bekommen. Wiederkehr setzte später auch an einer anderen Front nach: Wehsely habe die Öffentlichkeit zu spät über die Ver- zögerungen und Kostenexplosionen beim KH Nord informiert, beides sei verheimlicht worden – das könne man nun nachweislich belegen.
Nebenbei: Die Kommission hat die Aussagen des ehemaligen VizeGeneraldirektors des Krankenanstaltenverbunds (KAV), Thomas Balazs, sowie jene von Stephan Koller, einem Mitglied der damaligen Bewertungskommission zur KH NordEntscheidung, an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft weitergeleitet. In den Aussagen wurde erklärt, dass die gravierenden Preissteigerungen einiger Produkte für das KH Nord nicht auf Fehlern beruhen könnten – es sei nicht auszuschließen, dass dies einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt darstelle, erklärte die (politisch unabhängige) Vorsitzende, Elisabeth Rech.