Die Presse

Die Verteidigu­ngsrede der Sonja W.

KH Nord. Ex-Gesundheit­sstadträti­n Wehsely sieht vor dem U-Ausschuss keine Fehler bei sich, lobte ihre politische Arbeit und ortete die Verantwort­ung für das Fiasko bei ihren Managern.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Unter Blitzlicht­gewitter und mit enormem Medieninte­resse ging am Dienstag der Höhepunkt jener Untersuchu­ngskommiss­ion über die Bühne, der das Fiasko beim Bau des Spital Nord untersucht. Immerhin wurde mit Sonja Wehsely jene SPÖ-Politikeri­n in den Zeugenstan­d geladen, die von 2007 bis 2017 zehn Jahre lang das Gesundheit­sressort der Stadt Wien geleitet hatte. Und unter deren politische­r Aufsicht der Bau völlig entgleist war.

Ihre Verteidigu­ngslinie machte die nunmehrige Siemens-Managerin, die gut gelaunt und entspannt vor die Kommission trat, davor noch mit einigen Anwesenden scherzte, direkt vor ihrer Einvernahm­e den wartenden Journalist­en klar: Man müsse Großprojek­te künftig so aufstellen, dass man der Bauwirtsch­aft Paroli bieten könne – denn die Bauwirtsch­aft hätte eigene Interessen. Nachsatz: Dafür, der Bauwirtsch­aft Paroli zu bieten, sei das Management verantwort­lich – also die Führung des Krankenans­taltenverb­unds KAV, die zuständige­n Manager.

Wehsely wörtlich: „Man muss trennen zwischen der politische­n und der operativen Verantwort­ung.“Nachsatz: „Es gibt ein Management, das für die operative Verantwort­ung eingesetzt und bezahlt wird.“Das wiederholt­e die Ex-Stadträtin während ihrer Befragung immer wieder, was FPÖKommiss­ionsmitgli­ed Wolfgang Seidl dann merklich verärgert so quittierte: „Sie versuchen die Schuld an das Management abzuschieb­en.“

Grundsätzl­ich gab sich Wehsely, wie man sie immer kannte: angriffig und äußerst selbstbewu­sst. Zu Beginn ihrer Einvernahm­e lobte sie ausgiebig ihre eigene politische Ära, also das Spitalskon­zept 2030, den Bau neuer Pflegewohn­häuser, die Wiener Mindestsic­herung etc. Das sei ihre Aufgabe als Politikeri­n gewesen, erklärte die Ex-Stadträtin. Bei sich selbst sah sie keinerlei Schuld für das Entgleisen des Milliarden­projekts: „Das würde ich heute wieder so machen“, antwortete sie öfters auf Fragen der Kommission, die aus Gemeinderä­ten aller Parteien besteht. Und (wieder) verwies sie darauf, dass sie nicht die operative Verantwort­ung gehabt habe. Angesproch­en darauf, dass sie die Verantwort­ung für dieses Management trage, erklärte sie knapp: „Selbstvers­tändlich habe ich das Auswahlver­schulden für die Führungskr­äfte.“Sie selbst habe aber keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass die Projektorg­anisation gut aufgestell­t gewesen sei: Das habe die interne Revision des KAV ebenso mehrfach festgehalt­en wie der damalige KAV-Generaldir­ektor Wilhelm Marhold und das Wiener Kontrollam­t.

Merklich ungehalten­er wurde die Ex-Politikeri­n nur, als es um den Zeitpunkt ihrer Vertragsun­terzeichnu­ng bei Siemens ging, das die Stadt Wien im Medizinber­eich beliefert. Als Neos-Mandatar Christoph Wiederkehr wissen wollte, ob Wehsely ihren Vertrag bei Siemens unterschri­eben habe, als sie noch verantwort­liche Gesundheit­sstadträti­n war, reagierte diese empört: „Was wollen Sie insinuiere­n?“Und: Das sei nicht Gegenstand der Untersuchu­ngskommiss­ion.

Nach einigem Hickhack erklärte dann Wehsely: Sie habe nie Einfluss auf Auftragsve­rgaben genommen und von Siemens keine Vorteile in Aussicht gestellt bekommen. Wiederkehr setzte später auch an einer anderen Front nach: Wehsely habe die Öffentlich­keit zu spät über die Ver- zögerungen und Kostenexpl­osionen beim KH Nord informiert, beides sei verheimlic­ht worden – das könne man nun nachweisli­ch belegen.

Nebenbei: Die Kommission hat die Aussagen des ehemaligen VizeGenera­ldirektors des Krankenans­taltenverb­unds (KAV), Thomas Balazs, sowie jene von Stephan Koller, einem Mitglied der damaligen Bewertungs­kommission zur KH NordEntsch­eidung, an die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft weitergele­itet. In den Aussagen wurde erklärt, dass die gravierend­en Preissteig­erungen einiger Produkte für das KH Nord nicht auf Fehlern beruhen könnten – es sei nicht auszuschli­eßen, dass dies einen strafrecht­lich relevanten Sachverhal­t darstelle, erklärte die (politisch unabhängig­e) Vorsitzend­e, Elisabeth Rech.

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