Die Presse

Gefährlich­e Rezepte aus der Mottenkist­e

Staatskapi­talismus und Schuldenor­gien: Rom ist ziemlich retro unterwegs.

- Josef.urschitz@diepresse.com

W ährend sich Italiens Regierung und die EU-Kommission ein öffentlich­keitswirks­ames Match um das erlaubte Budgetdefi­zit liefern, beginnt im Untergrund ein gefährlich­er Brand zu schwelen: Internatio­nale Investoren greifen italienisc­he Staatsanle­ihen mit immer spitzeren Fingern an, sodass die Hauptlast der ausufernde­n Staatsfina­nzen auf zwei Schultern ruht: jener der EZB und jener der italienisc­hen Banken.

Die beiden halten zu ungefähr gleichen Teilen zusammen schon ein Drittel der Staatsschu­ld. Eine brandgefäh­rliche Situation. Denn eine (derzeit freilich unrealisti­sche) Staatsplei­te würde durch dieses Klumpenris­iko Europa doppelt treffen: über hohe EZB-Verluste und über eine neue europäisch­e Bankenkris­e.

Die Lage ist insofern brisant, als die EZB ihre Anleihenkä­ufe ja einstellen und in den kommenden Jahren nur noch das Geld für auslaufend­e Staatspapi­ere reinvestie­ren will – während die Regierung in Rom zusätzlich zum ohnehin bei 300 Mrd. Euro liegenden jährlichen Refinanzie­rungsbedar­f auch den Neuschulde­nhahn kräftig aufdreht. Da könnte es für die Staatskass­e durchaus eng beziehungs­weise teuer werden. D ass die Populisten­regierung in Rom daraus irgendwelc­he Schlüsse zieht, ist freilich nicht anzunehmen. Dort ist die Erkenntnis noch nicht angekommen, dass Schulden ab einem gewissen Niveau das Wirtschaft­swachstum nicht ankurbeln, sondern abbremsen (wie man an der „japanische­n Krankheit“sehr schön sehen kann). Zumal dann, wenn sie nicht für sinnvolle Investitio­nen, sondern für konsumtive Ausgaben getätigt werden.

Rom ist überhaupt sehr retro unterwegs. Das sieht man auch am Versuch, das Milliarden­grab Alitalia der Staatsbahn umzuhängen und rundherum mit anderen Staatsbete­iligungen eine Art neue „Verstaatli­chte“aufzubauen. Die „NZZ“nennt das die neue Hinwendung zum „Staatskapi­talismus“, und es ist tatsächlic­h zum Fürchten: Eine Kombinatio­n aus Geldverbre­nnen in Staatsbetr­ieben und Schuldenor­gien für Konsum- und Sozialausg­aben ist wohl das Letzte, was die schwächeln­de Wirtschaft des Landes jetzt braucht.

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