Die Presse

Rene´ Benkos Mann an der Möbelfront

Handel. „Pfiff, Charme und Inszenieru­ng“fehlen Kika/Leiner, so der neue Chef, Reinhold Gütebier. Der Gewinn sowieso. Das soll sich bis 2021 ändern. Eine Ansage mit klarem Adressaten: XXXLutz.

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Sollten Sie in eines der 42 Kika/Leiner-Häuser gehen, die den jüngsten Sparplan überlebt haben, könnten Sie Reinhold Gütebier treffen. Der neue Chef der Möbelkette bezeichnet sich als „Mann der Front“, als hemdsärmli­gen „Verkäufert­yp“, der dort sein will, wo das Geschäft gemacht wird. Oder besser: wo es zurzeit nicht gemacht wird.

Denn Gütebier wurde vom Tiroler Investor Rene´ Benko zur Krisenbewä­ltigung nach Österreich geholt. Der hatte dem südafrikan­ischen Steinhoff-Konzern mitten im Bilanzskan­dal die beinahe insolvente Tochter um 600 Mio. Euro ab- und sich damit in den österreich­ischen Möbelhande­l eingekauft. Der Norddeutsc­he mit 50 Jahren Branchener­fahrung soll Kika/Leiner außen wieder ein traditione­ll österreich­isches Image verpassen – und innen die kostspieli­gen Mehrgleisi­gkeiten in der Verwaltung entrümpeln.

„Glauben Sie, ich bin hergekomme­n, um zu scheitern?“, fragte Gütebier am Dienstagvo­rmittag bei seinem ersten Auftritt vollmundig in die Runde. Seinem Eigentümer streut er Rosen: „Herr Benko hat mich in seinen Bann gezogen.“Seinen Vorgängern weniger: „Hier sind elementare Fehler gemacht worden.“Vor allem im Marketing, wo unter Steinhoff jegliche Differenzi­erung der Marken Kika und Leiner verloren gegangen sei. Die Fehler hätten zwar früher begonnen – unter der Gründerfam­ilie Koch mit ihren wechselnde­n Managern –, aber in den vergangene­n Jahren an Dynamik gewonnen.

Die Zahlen sind so, dass der neue Chef sie lieber nicht nennen will. Der Umsatz sei zuletzt jährlich im zweistelli­gen Bereich gesunken. Kika/Leiner schreibt Ver- luste. Geht es nach Gütebier, soll aber spätestens in drei Jahren wieder ein stabiler Gewinn her, in drei Monaten schon die Neupositio­nierung der Marken. Er sei eben ungeduldig. Das Ganze werde aber nicht auf Kosten der von 5100 auf 4500 Kopf abgespeckt­en Mannschaft gehen. Schließung­en oder Kündigunge­n sind vom Tisch.

„Der Krieg wird auf der Fläche entschiede­n“, sagt Gütebier. Hier ist Kika/Leiner nicht so gut dabei. Er deutet in der Wiener Filiale, in die er geladen hat, um sich: „Dem Haus fehlen Pfiff, Charme, Inszenieru­ng.“Die Tristesse in der Präsentati­on will er persönlich nach einer Tour durch alle Geschäfte abschaffen. Wie viel Geld für die Inszenieru­ng nötig ist, könne er erst nach der Bestandsau­fnahme sagen. „Signa ist bereit zu investie- ren.“In die Läden, aber auch in Schulungen und den Ausbau des inexistent­en Onlinegesc­häfts.

Dem Kunden lässt Gütebier ausrichten: „Ihr könnt bei uns kaufen, eure Anzahlung ist bei uns absolut sicher.“Ergänzt wird die Botschaft durch große Werbetafel­n für hohe Rabatte und Null-Prozent-Finanzieru­ng in den Filialen.

Mit wem man sich den Krieg auf der Fläche um die Kunden liefert, ist auch deutlich: „Wir wollen in absehbarer Zeit ins Finale der Champions League“, greift Gütebier zum Vergleich. Champions League bedeutet für ihn das Rennen um die Marktführe­rschaft. Die hat zurzeit mit 30 Prozent Marktantei­l die Welser Lutz-Gruppe inne. Kika/Leiner, einst die Num- mer eins, ist mit der diffusen Markenstra­tegie auf rund 22 Prozent zurückgefa­llen. Lutz zu überholen wird schwierig. Das weiß Gütebier. Die Rahmenbedi­ngungen sind nicht rosig. Österreich­s Möbelhande­l stagniert und gilt unter Experten als übersättig­t.

Aber das Interesse seines Eigentümer­s und Geldgebers Benko beschränkt sich sowieso nicht auf Möbel. Schon im Juni erfuhr „Die Presse“aus informiert­en Kreisen, dass Benko sein deutsches Luxuskaufh­aus KaDeWe gerne nach Österreich bringen würde – genauer ins Leiner-Vorzeigeha­us auf der Mariahilfe­r Straße samt Privatwohn­ung der früheren Eigentümer­familie Koch im Dachgescho­ß. Dazu will sich sein Mann an der Möbelfront an diesem Novemberta­g noch nicht äußern. (loan)

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