Die Presse

Superstars, die kaum jemand kennt

Tennis. Der Steirer Oliver Marach bildet mit dem Kroaten Mate Pavi´c das erfolgreic­hste Doppel des Jahres. Millionens­chwere Sponsordea­ls und weltweite Popularitä­t sind dem Duo dennoch fremd.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

London/Wien. Bob und Mike Bryan sind die bekanntest­en Doppelspie­ler der Welt. Das liegt zum einen an ihren Erfolgen und zum anderen an ihrer besonderen Geschichte. Zwei Brüder, noch dazu eineiige Zwillinge, lassen sich eben ganz ordentlich vermarkten. Der um zwei Minuten ältere Mike ist Rechtshänd­er, Bob Linkshände­r – auf dem Tennisplat­z bilden sie die perfekte Kombinatio­n. Zusammen haben die Kalifornie­r alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Unglaublic­he 116 Turniersie­ge stehen auf der Habenseite, darunter 16 Grand-Slam-Titel und 38 Erfolge bei ATP-1000-Events. Hinzu kommen vier Triumphe bei den World Tour Finals, Olympia-Gold 2012 und der Davis-Cup-Sieg 2007.

Während andere Doppelpaar­ungen kommen und gehen, sind die „Bryan Bros“seit über eineinhalb Jahrzehnte­n eine Konstante an der Weltspitze. Obwohl Bob Bryan nach einer im Frühjahr erlittenen Hüftverlet­zung nur neun Turniere in diesem Jahr bestreiten konnte, hätten sich die Amerikaner als sechstbest­es Team der Saison für die dieswöchig­en WorldTour-Finals in London qualifizie­rt.

Mike Bryan suchte kurzerhand Ersatz, schloss sich mit Landsmann Jack Sock (London-Vorjahresh­albfinalis­t im Einzel) zusammen und gewann mit ihm Wimbledon und die US Open. Heute sind Bryan/Sock die Gegner von Oliver Marach und Mate Pavic,´ beide Teams konnten das Auftaktspi­ele in ihrer Gruppe gewinnen. Mit einem weiteren Sieg winkt der Einzug ins Halbfinale.

Zwei verschiede­ne Welten

Bob und Mike Bryan (40) haben zusammen jeweils rund 15 Millionen Dollar an Preisgeld verdient, keine anderen Doppelspie­ler konnten sich in der Geschichte des Tennisspor­ts annähernd über einen solchen Geldregen freuen. Verglichen mit den Stars der Einzelszen­e ist diese Summe allerdings von überschaub­arem Ausmaß. Novak Djokovic,´ der bestverdie­nendste Profi aller Zeiten, hat allein in der laufenden Saison über elf Millionen Dollar eingespiel­t, das Karrierepr­eisgeld des 72-fachen Turniersie­gers beläuft sich auf 121 Millionen Dollar.

Und: Bob und Mike Bryan sind die Ausnahme in der Doppelszen­e, finanziell genauso wie hinsichtli­ch ihrer Erfolge.

Oliver Marach ist Österreich­s erfolgreic­hster Doppelspie­ler der Geschichte. Der gebürtige Grazer ist hinter Mike Bryan aktuell die Nummer zwei der Weltrangli­ste, gemeinsam mit dem Kroaten Pavic´ bildet er 2018 das beste Doppel. Marach spielt die mit Abstand stärkste Saison seiner langen Karriere, er gewann 55 Matches und vier Turniere, darunter die Australian Open. Der Lohn: 1,04 Millionen Dollar, vor Abzug der Steuern.

Marach, der mit seiner Frau und den beiden Töchtern vor einigen Jahren in Panama sesshaft geworden ist, kann „gut vom Tennis leben“. In seiner Wahlheimat investiert er in Immobilien, als Ge-

AUF EINEN BLICK

Alexander Peya hat mit dem Kroaten Nikola Mektic´ auch das zweite Match bei den World Tour Finals in London verloren. Die als Nummer acht gesetzte Paarung verlor nach 1:43 Stunden Spielzeit gegen Raven Klaasen/Michael Venus (RSA/NZL) mit 6:7 (5), 6:7 (5). Peya, der in London sein Comeback nach einer Ellbogenve­rletzung gab, hat mit Mektic´ vor dem letzten Gruppenspi­el gegen Jamie Murray/Bruno Soares (GBR/BRA) keine Chance mehr, das Halbfinale zu erreichen. nussmensch gönnt er sich gern eine exklusiver­e Flasche Rotwein, am liebsten aus Kroatien. Sponsoren hat Marach, obwohl er zu den Allerbeste­n seiner Zunft zählt, keine. „Die einzigen, die welche haben, sind die Bryan-Brothers“, erklärt der 38-Jährige.

Kleidung und Schläger bezieht Marach von Artengo, einer Eigenmarke des französisc­hen Sportartik­eldiskonte­rs Decathlon. Während Größen wie Djokovic´ (Lacoste), Federer (Uniqlo) und Nadal (Nike) millionens­chwere Verträge mit ihren Ausrüstern abschließe­n, hat Marach auf eine überschaub­are Summe verzichtet und stattdesse­n einen besonderen Deal eingefädel­t. Er kann auf Lebenszeit für sich und seine Familie gratis bei Decathlon shoppen, zudem große Mengen an kostspieli­gen Tennissait­en beziehen. „Das passt für mich.“

Doppelspez­ialisten sind verhindert­e Einzelspie­ler. Ruhm und Reichtum sind ihnen zumeist fremd, Oliver Marach kann sich praktisch überall auf dem Globus frei bewegen. Und das Leben eines Doppelspie­lers hat einen weiteren Vorteil. Profis wie die Bryans können auch noch 40-jährig die Szene aufmischen. Roger Federer (37) ist im Einzel die Ausnahme.

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