Die Presse

UNO-Migrations­pakt: Was man sieht und was nicht

Im sperrigen Text des globalen Migrations­pakts können Befürworte­r und Kritiker gleicherma­ßen fündig werden.

- VON RALPH JANIK

Wenig überrasche­nd hat der globale Migrations­pakt eine hitzige Debatte ausgelöst. Die Regierung hat 17 Punkte ausdrückli­ch abgelehnt, ebenso möchte sie die Entstehung einer völker(gewohnheit­s)rechtliche­n Verpflicht­ung verhindern. Einige wesentlich­e Passagen haben allerdings wenig Beachtung bekommen. Das Thema Migration wird die Öffentlich­keit jedenfalls noch sehr lange beschäftig­en.

Als im Juli die Verhandlun­gen rund um den globalen Migrations­pakt nach zwei Jahren abgeschlos­sen wurden, war von einem „historisch­en Moment“die Rede. Emphatisch­e Worte, die nicht von ungefähr kommen, zumal die Ausarbeitu­ng weniger als zwei Jahre gedauert hatte.

Zum Vergleich: Die Verhandlun­gen rund um die von Außenminis­terin Karin Kneissl in ihrem Leserbrief in der „Kronen Zeitung“genannte Wanderarbe­iterkonven- tion (die eine Reihe von Rechten für Arbeitsmig­ranten und ein Diskrimini­erungsverb­ot festlegt) hatten zehn Jahre gedauert, bis zu ihrem Inkrafttre­ten sollten noch einmal zwölf Jahre vergehen. Außerdem sind die westlichen Zielländer – allen voran die USA, Kanada, Australien oder die EU-Staaten – der Wanderarbe­iterkonven­tion nie beigetrete­n.

Also hat man beim globalen Migrations­pakt einen anderen Ansatz gewählt: kein Vertrag, keine rechtliche Verbindlic­hkeit. Stattdesse­n ein Kooperatio­nsrahmen mit politische­n Verpflicht­ungen (wer sich in diesem Zusammenha­ng am Begriff des „Pakts“stößt, möge bedenken, dass er im Original als „Compact“bezeichnet wird – keine zufällige Wahl, gibt es mit dem UN Global Compact doch einen artverwand­ten Namensvett­er, der die Einhaltung von Sozial- und Umweltstan­dards durch Unternehme­n fördern soll).

Soll heißen: Wer gegen den globalen Migrations­pakt verstößt, muss zwar durchaus mit Kritik aus dem Ausland oder auch von heimischen Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGOs) oder Opposition­sparteien rechnen. Weiter gehende Konsequenz­en gibt es aber keine.

Inwiefern der Migrations­pakt tatsächlic­h einen globalen Minimalkon­sens etabliert, wird sich noch zeigen. Die österreich­ische Regierung hat sich bekanntlic­h schon jetzt zurückgezo­gen: Wegen der Grundausri­chtung des Pakts – der in der Tat auf einem positiven Migrations­verständni­s basiert – und weil sie sich mit einigen Punkten so gar nicht anfreunden kann.

Das viel diskutiert­e Recht auf Migration befindet sich darin allerdings nicht. Davon ist die Welt auch 70 Jahre nach Verabschie­dung der Allgemeine­n Menschenre­chtserklär­ung weit entfernt. Zwar hat dieser Erklärung zufolge „jeder das Recht, jedes Land, einschließ­lich seines eigenen, zu verlassen“(Artikel 13). Es gibt

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria