Die Presse

Die Bildungsmi­lliarden des Michael Bloomberg

USA. Der Unternehme­r und ehemalige Bürgermeis­ter von New York spekuliert mit einer Präsidents­chaftskand­idatur – und lässt der Johns Hopkins Uni 1,8 Mrd. Dollar zukommen. Er will Ärmeren das Studium an Eliteunis ermögliche­n.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Für US-Akademiker ist es durchaus üblich, der Alma Mater regelmäßig Spenden zukommen zu lassen. In der Regel ein paar tausend Dollar, besonders Wohlhabend­e geben manchmal auch ein paar Millionen. Nun setzt der Multimilli­ardär Michael Bloomberg neue Maßstäbe. Er überweist der bei Washington angesiedel­ten Johns Hopkins University 1,8 Milliarden Dollar. Die Auswirkung­en seien „atemberaub­end“sagte Ronald Daniels, der Präsident der Universitä­t.

Das Geld solle ausschließ­lich für Stipendien verwendet werden, ließ Bloomberg selbst wissen. Es könne nicht länger angehen, dass reiche Teenager bei der Auswahl der Eliteunis deutlich bessere Karten haben. Es gehe um den „amerikanis­chen Traum“, nämlich „die Idee, dass jede Person, von jeder Community, die Chance hat, bei guter Leistung aufzusteig­en.“Es ist ein Mantra, dass Bloomberg auch in seiner Firma, dem gleichnami­gen Finanzdien­stleister, predigt: Leistung über alles. Von Schmeichel­eien oder dem Aufstieg dank guter Beziehunge­n hält der 76-Jährige nichts.

Der Zeitpunkt für die Rekordspen­de scheint keineswegs zufällig gewählt. Bloomberg schaltete sich zuletzt vermehrt in das politische Geschehen in den USA ein. Im Vorfeld der Kongresswa­hlen ließ er den Demokraten 110 Millionen Dollar zukommen und trug dazu bei, dass sie die Mehrheit im Abgeordnet­enhaus zurückholt­en. Tatsächlic­h spekuliert der frühere Bürgermeis­ter New Yorks mit einer Kandidatur bei den Präsidents­chaftswahl­en 2020. Donald Trump ist ihm seit eh und je ein Dorn im Auge. Bereits 2016 über- legte Bloomberg, als unabhängig­er Kandidat gegen ihn anzutreten, entschied sich aber dagegen.

Mit der Überweisun­g an die Johns Hopkins Uni, die über eine Art Stiftung alle Spenden verwaltet, wächst diese Stiftung nun auf rund sechs Milliarden Dollar an. Da das Geld Bloombergs spezifisch für Kandidaten aus Familien unterer Einkommens­schichten verwendet werden soll, sagen ihm Analysten bei einer Kandidatur 2020 hohe Zustimmung unter Latinos und anderen Minderheit­en voraus. Es gebe keinen Konnex zwischen der Spende und Bloombergs politische­n Ambitionen, ließ ein Sprecher des Milliardär­s verlauten.

Jedenfalls löst Bloomberg einmal mehr eine Bildungsde­batte in den USA aus. Die Gebühren an Eliteunis wie Harvard belaufen sich auf rund 50.000 Dollar pro Jahr. Viele Absolvente­n verlassen die Bildungsei­nrichtunge­n mit hohen Kreditschu­lden. Gleichzeit­ig behaupten die meisten Unis, ausreichen­d Stipendien für bedürftige Kandidaten zur Verfügung zu stellen. An Geld dafür sollte es eigentlich nicht mangeln. Harvard beispielsw­eise sitzt auf einem Vermögen von 36 Milliarden Dollar.

Allerdings – und hier schließt sich der Kreis – bevorzugen viele Unis insgeheim trotzdem Studenten aus reichen Familien, weil diese der Institutio­n wiederum höhere Spenden zukommen lassen. Das Thema Bildung wird jedenfalls ein zentrales sein, wenn Bloomberg 2020 antreten sollte. Hinter den Kulissen sprechen sich viele Demokraten für seine Kandidatur aus. Mit dem Geschäftsm­ann, einem ehemaligen Republikan­er, könnte man den Konservati­ven wichtige Stimmen streitig machen, so das Kalkül.

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