Renault-Chef in Japan verhaftet
Der umstrittene Renault-Chef Carlos Ghosn wurde am Montag in Japan festgenommen. Dem Manager wird schweres Fehlverhalten vorgeworfen. Die Aktie stürzt ab.
Er gehört zu den umstrittensten und mächtigsten Managern in der Autoindustrie: Denn Carlos Ghosn ist die zentrale Figur in der Allianz der drei Autobauer Renault, Nissan und Mitsubishi. Doch nun dürfte der Aufstieg des in Brasilien geborenen Franzosen mit libanesischen Wurzeln ein abruptes Ende nehmen. Wie am Montag bekannt wurde, ist Ghosn in das Visier der japanischen Justiz geraten. In Japan überschlugen sich die Meldungen. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender NHK berichtete, dass der Manager festgenommen wurde. Es bestehe der Verdacht, dass Ghosn zu niedrige Einkünfte angegeben habe, hieß es. Eine Tageszeitung schrieb, die Behörden sollen den Hauptsitz von Nissan durchsucht haben. Die Finanz- und Nachrichtenagentur Reuters meldete, monatelange Untersuchungen sollen den Schluss nahelegen, „dass Ghosn Firmengelder für private Zwecke verwendet und über Jahre falsche Angaben zu seinem Einkommen gemacht habe“.
Anleger reagierten entsetzt. Die Aktien von Nissan verloren zeitweise mehr als elf Prozent, auch die Aktien von Renault gerieten unter Druck. Vorübergehend sah es so aus, dass die Aktien von Renault auf den größten Tagesverlust in der Firmengeschichte zu- steuern. Innerhalb weniger Stunden büßte Renault knapp drei Milliarden Euro an Börsenwert ein. Schlecht sah es auch bei den Unternehmensanleihen aus.
Nissan reagierte schnell auf die Vorwürfe. Noch am Montagabend wurde eine Pressekonferenz abgehalten. Dort wurde die Festnahme von Verwaltungsratschef Ghosn bestätigt. Nissan-CEO Hiroto Saikawa sprach von einem Fehlverhalten von Ghosn. Dieses Fehlverhalten sei nicht hinnehmbar und wiege schwer. Am Donnerstag wird der Verwaltungsrat von Nissan zusammenkommen. Dort will Saikawa vorschlagen, dass Ghosn der Vorsitz entzogen wird. Laut Saikawa sollen Auswirkungen der Festnahme auf das Tagesgeschäft und auf das Bündnis mit Renault vermieden werden.
Der Verdienst von Ghosn war es, die Allianz der beiden japanischen Autobauer Nissan und Mitsubishi mit dem französischen RenaultKonzern weiterentwickelt und gefestigt zu haben. Mit dem Bündnis konnten es die drei Firmen mit Branchengrößen wie Toyota und Volkswagen aufnehmen. Konkret ist Renault mit 43 Prozent an Nissan beteiligt. Das japanische Un- ternehmen hält 15 Prozent an Renault. Weiters gehören Nissan 34 Prozent der Anteile an Mitsubishi.
Ghosn gibt in dieser Allianz den Ton an. Erst zu Beginn dieses Jahres wurde der Vertrag des 64-jährigen Managers als Vorstandschef von Renault verlängert. Ghosn war einst auch Vorstandschef von Nissan. Doch im Vorjahr legte er diese Funktion zurück. Denn er wollte sich stärker um Renault und Mitsubishi kümmern. Ghosn blieb aber Verwaltungsratschef von Nissan. Börsianer befürchteten, dass die Ermittlungen gegen den Manager Auswirkungen auf das Bündnis der drei Autobauer haben. Es gab sogar Stimmen, die von einem möglichen Zerfall der Allianz sprachen.
Ghosn ist einer der bekanntesten Manager Frankreichs. Denn er hat es geschafft, dass Renault wieder wirtschaftlich erfolgreich ist. Dafür senkte er die Kosten. In Frankreich wird der Manager daher „Le Cost Killer“genannt. Der französische Staat ist mit 15 Prozent an Renault beteiligt. In Frankreich sorgte unter anderem die Entlohnung von Ghosn für Kritik. Auf Druck des Staates akzeptierte der Manager bei der Vertragsverlängerung, dass sein Gehalt um 30 Prozent verringert wird. Für die Reduktion setzte sich der Wirtschaftsminister ein. (höll)