Der Lauch und der Gauch brauchen keinen Genderstern
Aus einem Gemüse ist ein despektierliches Wort für einen Menschen geworden, allerdings nur für einen männlichen. Der Gauch war erst ein Kuckuck, er ist mit dem Geek verwandt, wohl auch mit dem Gecken.
Unter den Leiden der jungen Wörter ist es das vielleicht ärgste, dass die Alten (Menschen, nicht Wörter) sie oft nicht verstehen. Als ich noch jünger war, fühlten sie sich etwa vom Wort Grufties betroffen, nicht wissend, dass dieses nicht sie meinte, sondern Anhänger der düsteren Jugendkultur, die man in England Gothics nannte.
Heute jung ist das Wort Lauch als Charakterisierung eines Menschen, fast hätte es der Langenscheidt-Verlag zum Jugendwort des Jahres gewählt, er entschied sich dann doch für den Ehrenmann bzw. die Ehrenfrau, was immer das heißen mag. Und was ist ein Lauch? Schlicht mit Trottel übersetzte ihn die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, das trifft’s nicht ganz. Primär meint es einen dürren, langen, schlaksigen Mann, eben einen, dessen Körper die Form eines Lauchs hat, des stangenförmigen Gemüses, das oft auch Porree genannt wird. Spargeltarzan sagt man bei uns.
Deutlich abfällig, nämlich als verachtenswertes, weil erfolgloses und „unterficktes“Gegenteil seines IchIdeals (Boss bzw. Alpha) verwendet der so erfolgreiche wie durch Dummheiten auffällige, Ablehnung der Evolutionstheorie mit Sozialdarwinismus kombinierende deutsche Rapper Kollegah den Lauch in seinem skurrilen Ratgeberbuch „Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote“. Darin liest man z. B. auch, dass Frauen „grundsätzlich“Männer in drei Kategorien unterteilen: „Nice Guys, Arschlöcher und Alphas.“Ja, da fällt uns nicht durchlauchten Lauchen die Wahl schwer . . .
Schön am Lauch ist, dass er sich auf den Gauch reimt, für dessen Renaissance ich plädiere. Er war zunächst ein Kuckuck, weil dieser aber ob seines eintönigen Rufs als töricht galt, nannte man bald auch einen Toren einen Gauch. Einen mit schlauer Seite allerdings (schließlich versteht sich der Kuckuck auch auf Trug), so ist der Gauch mit dem Geek verwandt, vielleicht auch mit dem Gecken oder gar mit dem Gigerl.
Männlich ist er jedenfalls, wie der Lauch, von Gauchinnen oder Lauchinnen hört man nie, was uns einst- weilen die Anwendung eines Gendersterns erspart. Ein solcher pfeffert nicht nur das Schriftbild noch mehr als das Binnen-I, sondern es ist auch das Wort, wenn man es nicht durch einen gnädigen Bindestrich (GenderStern) zerteilt, schwer zu lesen, weil das Auge gleich „erster“herausliest. Er macht es auch dem gebildeten Mundwerk schwer, das verzweifelt versucht, erst ein weiches „dsch“und dann ein hartes „scht“zu sprechen.
Ob wir uns daran gewöhnen werden? Oder doch an den Unterstrich? In der „FAZ“erklärte Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum: „Das Ganze ist ein Aushandlungsprozess“, das wäre gleich mein Vorschlag für den hässlichsten Satz des Jahres.