Die Presse

Der Regierung zeigen, wo der Hammer hängt.

Beim Eisenbahne­rstreik geht es um mehr als nur um Lohnerhöhu­ngen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

A m Montag werden die Eisenbahne­r also streiken. Das ist ihr gutes Recht. Der Streik wird österreich­isch-mild ablaufen: Zwischen zwölf und 14 Uhr, da hält sich der wirtschaft­liche Schaden in Grenzen.

Das Ganze ist vorerst also einmal Konfliktde­mokratie light. Wenngleich: Ganz nachvollzi­ehbar ist auch das nicht. Beim Abbruch der KV-Verhandlun­gen stand das Arbeitgebe­rangebot ja schon über drei Prozent.

Das ist nicht so schlecht und hätte jedenfalls eine gute Basis für weitere Gespräche abgegeben. Dass von einer solchen Bruttolohn­erhöhung auf dem Gehaltskon­to kaum etwas übrig bleibt, weil Finanz, Sozialvers­icherung und Kammern überdurchs­chnittlich mitschneid­en und der Rest von der Inflation gefressen wird, steht auf einem anderen Blatt. Hier mehr Netto vom Brutto durchzuset­zen, wäre übrigens eine schöne Aufgabe für die Gewerkscha­ft. Aber dort will man ja eher noch mehr Steuern. U m diesen Streik richtig einzuordne­n und zu verstehen, muss man also die Ebene der Lohnverhan­dlungen verlassen und auf das politische Parkett wechseln. Die Transportg­ewerkschaf­t Vida versteht sich seit jeher als eine Art Arbeitnehm­erelite innerhalb der Sozialpart­nerschaft. Die Regierung hat diese Sozialpart­nerschaft alten Stils de facto aufgekündi­gt (was ihr bei der Umsetzung der Reformen sehr hilft und deshalb durchaus nicht negativ zu sehen ist). Das ruft eben Gegenreakt­ionen hervor.

Die Vida benutzt die KVGespräch­e jetzt offensicht­lich, um der Regierung zu zeigen, wo der Hammer hängt. Nach dem Motto „Alle Räder stehen still, wenn der Hebenstrei­t das will“. Sie hat heuer ja schon einmal den Eisenbahnf­ahrplan durcheinan­dergebrach­t: mit Betriebsve­rsammlunge­n gegen den 12-Stunden-Tag, der bei der Bahn selbst mit Gewerkscha­ftszustimm­ung übrigens seit Jahren Realität ist.

Es geht also um politische Machtspiel­e. An diese werden wir uns wohl gewöhnen müssen. Wenn das der Preis dafür ist, dass Reformen, die jahrelang durch Kuschel-Sozialpart­nerschaft unmöglich waren, jetzt gelingen, dann muss das nicht unbedingt schlecht sein.

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