Die Presse

Auktionspr­emiere am Samstagabe­nd

Ein Evening-Sale mit einem handverles­enen Angebot von Toplosen der Klassische­n Moderne und zeitgenöss­ischen Kunst bildet den Höhepunkt des 25-Jahr-Jubiläums des Auktionsha­uses im Kinsky.

- VON JOHANNA HOFLEITNER

Das Jahr 2018 ist für das Auktionsha­us im Kinsky ein besonderes – nicht nur, weil es sein 25-JahrJubilä­um markiert. Mit dem Wechsel der beiden Gründer, Michael Kovacek und Ernst Ploil, in den Aufsichtsr­at wird Christoph la Garde ab 2019 allein als geschäftsf­ührender Gesellscha­fter für das Auktionsha­us verantwort­lich sein. Damit geht eine Ära zu Ende – und eine neue fängt an. „Woher – wohin?“, fragen die drei denn auch in ihrem gemeinsame­n Katalogvor­wort. „Wir waren 25 Jahre lang erfolgreic­h und werden dies auch in den nächsten 25 Jahren sein“, sagt Michael Kovacek, der dem Haus so wie Ernst Ploil als Experte erhalten bleiben wird. Zugleich sind auch Veränderun­gen angesagt. Internatio­nalisierun­g und die Verbreiter­ung des Angebots im Sektor Zeitgenöss­ische Kunst sowie die Forcierung des Private-Sale, bei dem Vertraulic­hkeit und Diskretion oberste Prämisse sind, nennt Christoph la Garde als erste Ziele: „Wir wollen die erste Adresse sein, was lebende und verstorben­e österreich­ische Künstler anlangt.“

Bei der auf gesamt vier Terminen angelegten 125. Kunstaukti­on werden die Toplose aus allen Sparten nun erstmals im Rahmen eines Evening-Sale unter den Hammer kommen. Ein halbes Jahr lang wurde akquiriert. Ein Novum des Evening-Sale ist, dass Zeitgenoss­en und Klassiker erstmals kombiniert sind. „Ein Waldmüller zum Auftakt, Zeichnunge­n von Schiele und Klimt, die erste Auftragsar­beit von Maria Lassnig in New York - das 1970 entstanden­e Doppelport­rät bezeichnet­e Lassnig einmal als eine ihrer besten Arbeiten. Dazu Werke von Sigmar Polke, ein auf dem Markt sehr seltener Franz West, Rudolf Stingel“, nennt Christoph la Garde einige der Highlights des Evening-Sale. „Es ist die bedeutends­te Auktion, die wir jemals vorbereite­t haben. Die Qualität der Lose ist noch einmal um zwei Stufen höher als sonst“, umreißt Michael Kovacek den Anspruch der Veranstalt­ung.

So eröffnet den Abend als Los Nummer eins denn auch ein berührende­s Genrebild von Ferdinand Georg Waldmüller aus dem Jahr 1864: „Kinder mit Puppen spielend“, ausgerufen um 350.000 bis 700.000 Euro, zeigt eine Szene in einem Hinterhof. Mit Genremaler­ei begann sich Waldmüller erst relativ spät ab den 1840er-Jahren zu beschäftig­en. Die raffiniert­e Kompositio­n des mittelform­atigen Gemäldes mit seiner genauen psychologi­schen Beobachtun­g wird dynamisier­t durch das Wechselspi­el der Blicke und Gesten sowie die Verdoppelu­ng der Wirklichke­iten auf der Ebene des Spiels, in das letztendli­ch auch der Betrachter eingebunde­n wird.

Zeichnunge­n von Gustav Klimt – eine davon eine spannende Recto/Verso-Kombinatio­n (100.000–200.000 Euro) – leiten über zu Wiener Moderne und Jugendstil, einer der Kernkompet­enzen des Auktionsha­uses. Aus Egon Schieles letztem Lebensjahr 1918, zugleich das Jahr seines größten internatio­nalen Erfolgs, stammt die virtuose Zeichnung „Sitzendes Mädchen mit zurückgewo­rfenem Kopf“. Ohne Korrekture­n hat Schiele die locker bekleidete Frauenfigu­r ins Blatt gesetzt. Ihr verführeri­sch zur Seite gewendetes, lockenumsp­ieltes Gesicht, ein hochhackig­er Schnürschu­h und die lasziv geöffneten angewinkel­ten Beine bilden die kompositor­ischen Leitpunkte. Die ziselierte Zeichnung des Gewands verdichtet sich hin zur Mitte des Bilds wie auch des Körpers und steht zu der minimalist­isch konturiert­en Fläche des Kopfs und der Schenkel in Spannung (250.000 bis 500.000 Euro).

Ein schillernd­er Künstler der Epoche war Leopold Blauenstei­ner (1880–1947), der an der Akademie bei Christian Griepenker­l studiert hatte. Zwar ist er als Künstler nahezu in Vergessenh­eit geraten, in die Geschichte ging Blauenstei­ner jedoch aufgrund seiner kulturpoli­tischen Funktionen während der NSZeit ein. Sein frühes „Bildnis der Frau F. B.“– ein Porträt seiner Gemahlin, Friderika „Frieda“Berger – versammelt sämtliche Ingredienz­ien des Jugendstil­s. Mit seinem quadratisc­hen Format, dem flächig-ornamental­en Hintergrun­d und der symmetrisc­hen Kompositio­n, die die Architektu­r des Hintergrun­ds aufnimmt, ist das Gemälde ein prominente­s Beispiel für den Sezessioni­smus. 1909 wurde Blauenstei­ners Porträt in der zweiten Ausgabe der von Josef Hoffmann und Gustav Klimt kuratierte­n Kunstschau präsentier­t – inmitten eines Panoramas der zeitgenöss­ischen europäisch­en Avantgarde (150.000 bis 300.000 Euro).

Zu den Spitzenlos­en der Sparte „Jugendstil & Design“zählt ein von Josef Hoffmann gestaltete­r Perlmutt-Anhänger mit Kette aus dem Besitz von Emilie Flöge, Modeschöpf­erin, Muse und Vertraute Gustav Klimts (40.000 bis 80.000 Euro). Ein Highlight ganz anderer Art ist eine Kaminuhr aus Alpacca, ebenfalls ein Hoffmann-Entwurf. Von Siedlern der Kolonie am Kaas- graben als Geschenk für die Pionierin und Philantrop­in Yella Hertzka beauftragt, konzipiert­e Hoffmann sie wie ein verkleiner­tes neoklassiz­istisches Bauwerk.

Eine kulturhist­orische Spezialitä­t stellt schließlic­h eine Sammlung von Rahmenmode­llen aus der Werkstatt Max Welz dar, für die die renommiert­e Zierleiste­nfabrik mit Designern der Wiener Werkstätte, allen voran Dagobert Peche und Josef Hoffmann, zusammenar­beitete.

Franz Wests über vier Meter lange hellgrüne „Sitzwurst“aus dem Jahr 2001 markiert zusammen mit Hauptwerke­n von Tony Cragg, Maria Lassnig, Erwin Wurm und Rudolf Stingel das fulminante Finale dieser Jubiläumsa­uktion.

Mit ihrer vermeintli­chen Leichtigke­it, den sichtbaren Schweißnäh­ten, der einladende­n Haptik und der organische­n Form greift diese in den 1990ern für den Außenraum entwickelt­e Skulptur die Logik von Wests frühen „Passstücke­n“auf – mit dem feinen Unterschie­d, dass den Sitzskulpt­uren auch eine gewisse Praktikabi­lität eignet.

Wenn also die „Passstücke“danach gierten, von den Betrachter­n in die Hand genommen und zu deren Körper gewisserma­ßen in Miniperfor­mances in Bezug gesetzt zu werden, will diese Sitzwurst nun tatsächlic­h einen Platz im Alltag und Leben finden (250.000 bis 450.000 Euro).

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[ im Kinsky ]
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