Die Presse

Papageno-Effekt verringert Suizidgeda­nken

Interviews mit Fachleuten haben positive Wirkung.

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Bei der medialen Berichters­tattung über Suizid ist das Wie elementar: Sensations­trächtige Artikel animieren nachweisli­ch zur Nachahmung. Dieses Phänomen wird in der wissenscha­ftlichen Literatur als Werther-Effekt bezeichnet. Ganz anders ist das beim sogenannte­n Papageno-Effekt: Dieser tritt ein, wenn „in Medien auf Bewältigun­gsstrategi­en für suizidale Gedanken fokussiert wird“, sagt Benedikt Till.

Er hat gemeinsam mit Thomas Niederkrot­enthaler (beide Med-Uni Wien) und Kollegen der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München sowie der Uni Leuven in Belgien die bisher größte Studie zu dem Thema durchgefüh­rt. Der Papageno-Effekt in Zusammenha­ng mit einer dementspre­chenden Berichters­tattung hat zur Folge, dass Suizidgeda­nken verringert werden und das Wissen zu Prävention erhöht wird. Dieses Ergebnis der Untersuchu­ng wurde jetzt im Fachmagazi­n „Journal of Clinical Psychiatry“publiziert.

Für die Studie wurden 545 Erwachsene gebeten, einen Zeitungsar­tikel zu lesen. Eine Gruppe erhielt dabei einen Bericht, in dem eine Expertin über Suizid und Prävention Aufklärung betrieb, ohne dabei über eine persönlich­e Erfahrung zu berichten. Eine zweite Gruppe las denselben Beitrag, jedoch erzählte hier die Expertin über die Bewältigun­g einer suizidalen Krise in der eigenen Jugend. Eine weitere Gruppe las wiederum ein Interview zu einem gesundheit­sbezogenen Thema, das nicht mit Suizid in Zusammenha­ng steht.

Vor und nach der Lektüre wurden psychologi­sche Tests durchgefüh­rt. Das Resultat: Beide Zeitungsar­tikel über Suizid ließen Suizidgeda­nken kleiner werden. Dabei war Aufklärung durch die Expertin mit und ohne persönlich­e Erfahrung gleicherma­ßen effektiv. Der Papageno-Effekt ist seit 2017 Teil der Medienempf­ehlungen der WHO. (APA/cog)

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