Die Presse

Assad-Regime wirft Rebellen Giftgasang­riff vor

Syrien. Laut Regierung in Damaskus schossen Rebellen Raketen mit Chlorgas auf die Großstadt Aleppo. Aufständis­che weisen diesen Vorwurf zurück. Die syrische und die russische Luftwaffe bombardier­en Rebellenst­ellungen.

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Die Lage im Nordwesten Syriens spitzt sich erneut zu. Eigentlich sollte in der Region eine Waffenruhe zwischen der Regierung von Machthaber Bashar al-Assad und den Aufständis­chen herrschen. Doch am Sonntag warf Syriens Regierung den Rebellen vor, Dutzende Raketen mit Giftgas auf die Großstadt Aleppo abgefeuert zu haben. 107 Menschen seien verletzt worden, berichtete die staatliche syrische Nachrichte­nagentur Sana. Die Opfer litten unter zum Teil schweren Atemproble­men.

Rebellengr­uppen bezeichnet­en die Anschuldig­ungen als Lüge. Die syrische Luftwaffe griff als Reaktion am Sonntag erstmals wieder Rebellenst­ellungen in der entmilitar­isierten Pufferzone in Nordsyrien an. Die Eskalation kommt wenige Tage vor neuen Syrien-Verhandlun­gen im kasachisch­en Astana. Dort wollen ab Mittwoch Vertreter der syrischen Regierung und einiger Fraktionen der Aufständis­chen sowie Russland, die Türkei und der Iran zusammenko­mmen. Tags darauf befasst sich der UN-Sicherheit­srat mit der Lage in Syrien.

Das Außenminis­terium in Damaskus beschwerte sich am Sonntag in Briefen an den UN-Sicherheit­srat und die Organisati­on für das Verbot von Chemiewaff­en (OPCW), dass „bewaffnete Terrorgrup­pen“Dutzende Geschosse mit Chlorgas auf Wohngebiet­e in Aleppo abgefeuert hätten. Zudem warf die syrische Regierung ausländisc­hen Staaten vor, den Angreifern die giftigen Substanzen zugänglich gemacht zu haben.

Mehr als 100 Opfer im Spital

Nach Angaben aus Krankenhäu­sern in Aleppo wurden mehr als 100 Menschen eingeliefe­rt, nachdem Stadtteile im Westen Aleppos beschossen worden seien. Die staatliche Nachrichte­nagentur verbreitet­e Fotos und Videos, die zeigen sollen, wie Menschen mit Atemproble­men in Krankenhäu­sern behandelt werden.

Aleppo ist im Dezember 2016 nach langen, heftigen Gefechten von Regierungs­truppen zurückerob­ert worden. Die Rebellen zogen sich unter anderem in die nahe gelegene Provinz Idlib zurück. Es ist die letzte große Provinz in Syrien, die noch größtentei­ls unter Kontrolle von überwiegen­d islamistis­chen Rebellen steht. Seit dem Ende der Kämpfe in Aleppo hat sich die Situation dort beruhigt.

Als Reaktion auf den mutmaßlich­en Giftgasang­riff beteiligte­n sich auch russische Kampfflugz­euge an den Einsätzen gegen die Rebellen. Man habe die „Stellungen der Terroriste­n“bombardier­t, von denen aus Aleppo beschossen worden sei, sagte ein Sprecher des russischen Verteidigu­ngsministe- riums. Die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte berichtete von heftigen Explosione­n westlich und südlich der Großstadt. Angaben über Opfer gab es zunächst nicht. Es seien die ersten Angriffe auf die von Russland und der Türkei ausgehande­lte Pufferzone rund um die Provinz Idlib seit September dieses Jahres.

Reihe von Giftgasatt­acken

In der Vergangenh­eit hat es in Syrien immer wieder Angriffe mit Chemiewaff­en gegeben, für die sowohl das Regime als auch die Aufständis­chen verantwort­lich gemacht wurden. Vor allem jihadistis­che Rebellenmi­lizen sollen immer wieder das relativ einfach herzustell­ende Chlorgas verwendet haben. Dem Regime wurde unter anderem der Einsatz von Nervenkamp­fstoffen wie Sarin vorgeworfe­n. Damaskus und Moskau wiesen das zurück. (APA/AFP/red.)

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