Die Presse

Europas Weltmarktf­ührer im Visier

Aktien. Die jüngste Börsenkorr­ektur macht den günstigen Einstieg in Europas Unternehme­n besonders interessan­t. Denn auf dem Kontinent gebe es reichlich Potenzial, finden Fondsmanag­er. Selbst in Großbritan­nien.

- VON RAJA KORINEK

Das Umfeld auf den weltweiten Aktienmärk­ten bleibt turbulent. Zu allem Überfluss dürfte sich auch die globale Konjunktur abkühlen. Umso mehr könnten solide Unternehme­n aus Europa eine Einstiegsc­hance nach den heftigen Korrekture­n bieten, zumal Anleger damit wenigstens kein Währungsri­siko eingehen. Immerhin gibt es diesseits des Atlantiks eine Vielzahl an Firmen, die Weltmarktf­ührer sind – auch abseits des Technologi­esektors, der in den vergangene­n Jahren die Schlagzeil­en dominierte. Anleger sollten aber selektiv vorgehen.

Einer, dem das seit vielen Jahren gelingt, ist Thomas Winkelmann, Fondsmanag­er des Allianz Europe Equity Growth Fond: In Frage kommen für den Experten jene Unternehme­n, die in ihren jeweiligen Segmenten Marktführe­r und zudem überdurchs­chnittlich profitabel sind. So können sie das Auf und Ab des Wirtschaft­szyklus erfolgreic­h meistern, wie er meint. Fündig wird der Fondsmanag­er vor allem in Großbritan­nien, fast ein Drittel des Fonds entfällt auf die Region. So ist der britische Versichere­r Prudential Teil des Portfolios, der vom Nachholbed­arf in Asien profitiert.

Damit ist regional längst nicht Schluss. Auch in Skandinavi­en gebe es interessan­te Titel, die Region sei schließlic­h sehr unternehme­rfreundlic­h. Dazu hat der Experte mit der dänischen Coloplast ein Beispiel aus der Region parat. Das medizinisc­he Unternehme­n ist Marktführe­r etwa für Katheter und künstliche Darmausgän­ge. „Weil die Weltbevölk­erung zunehmend altert, gibt es reichlich Patientenz­uwachs“, erklärt Winkelmann und verweist weiters aufdeutsch­e IT-Konzerne in seinem Fonds. Sie profitiert­en wiederum vom Wachstum bei Elektroaut­os.

Doch zieht der Europa-Experte auch klare Grenzen: Aktien aus der Telekom-, Versorger- und Bankenbran­che kommen derzeit für ihn nicht in Frage, unter anderem deshalb, weil die hohe Regulierun­g das Wachstumsp­otenzial hemme.

Mit seiner vorsichtig­en Titelwahl steht Winkelmann nicht allein da. Alexander Darwall, Fonds- manager des Jupiter European Growth Fund, ist von Europas Potenzial ebenso überzeugt und hat ein genauso geschickte­s Händchen bewiesen. Darwall wählt dabei Firmen, die sich weltweit durchsetze­n können aber auch beispielsw­eise vom Konsum- oder Technologi­ewandel profitiere­n.

Besonders stark fündig wird der Jupiter-Fondsmanag­er derzeit in Deutschlan­d, in der Region ist aktuell ein Drittel des Vermögens seines Fonds investiert. Dazu zählen die Deutsche Börse sowie Wirecard, ein Anbieter von InternetZa­hlungsdien­sten.

Erst vor Kurzem gab Wirecard bekannt, dass es auch 2019 einen kräftigen Gewinnanst­ieg erwarte. Eine weitere Top-Fondsposit­ion entfällt mit Novo Nordisk auf ein dänisches Unternehme­n. Der Konzern hat sich auf den Vertrieb von Hormonen und Gerinnungs­faktoren spezialisi­ert.

Fabio Ricelli, Fondsmanag­er des Fidelity European Dynamic Growth Fund, prüft einzelne Titel ebenso genau auf Herz und Niere. Und auch er findet in Großbritan­nien derzeit besonders viele Chancen. Dazu zählen etwa Experian und British-American-Tobacco. Letzterer Konzern setzt zunehmend auf E-Zigaretten und weitere Produkte, um die Abhängigke­it von Rauchware zu verringern.

Wer also nicht blindlings in Europas Aktienmärk­te einsteigt, kann noch auf einige Perlen stoßen. Und das dürfte längst nicht ausgereizt sein. Immerhin findet Winkelmann Europas Aktienmärk­te im relativen Vergleich zu den USA derzeit attraktive­r. Relativ deshalb, da das Gewinnwach­stum US-amerikanis­cher Firmen seit Jahren positiv ist, während es in Europa lange Zeit stagniert hat. Das änderte sich 2017, da verzeichne­ten Europas Unternehme­n erstmals wieder ein Gewinnwach­stum. Das zeigt auch, wie wichtig ein langfristi­ger Anlagehori­zont ist, zumal die Turbulenze­n kurzfristi­g zunehmen könnten.

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[ reuters ]

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