Die Presse

Ein wahres Leichtgewi­cht unter den Metallen

Aluminium. Kaum ein zweites Metall ist so wichtig. Dabei kommt es in Reinform in der Natur nicht vor. Die Gewinnung aus Schrott ist sogar billiger.

- VON EDUARD STEINER

Eine Ahnung davon, was passieren kann, wenn ein Großliefer­ant auf einem Rohstoffma­rkt ausfällt, konnte man im April auf dem Aluminiums­ektor bekommen. Weil der russische und weltweit zweitgrößt­e Aluminiump­roduzent Rusal gemeinsam mit seinem Chef, Oleg Deripaska, am 6. April unter die bislang schärfsten US-Sanktionen gegen Russland geraten war, explodiert­e der Aluminiump­reis im Handumdreh­en um knapp 30 Prozent auf das Siebenjahr­eshoch von über 2500 Dollar je Tonne.

Das schreckte dann selbst die Amerikaner, weshalb sie kurz später Rusal, dessen Marktkapit­alisierung um nahezu 60 Prozent abgesackt war, und seinen Kunden mehr Zeit zur Umsetzung der er- hobenen Forderunge­n gewährten. Der Markt atmete auf, der Alupreis ging wieder zurück. Die Frist bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Sanktionen greifen sollten, wurde nun sogar bis 7. Jänner gestreckt.

Aber auch ohne Inkrafttre­ten der Sanktionen beträgt der Alupreis immerhin knapp 1940 Dollar, nachdem er vor drei Jahren noch unter 1500 Dollar gelegen hatte. Erklärt wird dies – abgesehen von den US-Importzöll­en – mit dem zunehmende­n Aluminiumm­angel außerhalb Chinas, zumal Brasilien Produktion­skürzungen in der weltweit größten Tonerderaf­finerie angeordnet hat. Überhaupt ist die globale Produktion im Oktober zurückgega­ngen, was vor allem an China liegt, wie das Internatio­nal Aluminium Institute (IAI) festhält.

Dennoch war der Alupreis – ähnlich wie andere Metallprei­se – seit Anfang Oktober, als er noch bei 2200 Dollar lag, unter Druck – wegen stark fallender Aktienmärk­te, des US-Handelsstr­eits mit China, des Einbruchs der Ölpreise und wegen eines festeren Dollars. Und so kommt die jetzige Notierung einem 15-Monats-Tief gleich.

Aufgrund des geringen Gewichts wird Aluminium vor allem in der Fahrzeugpr­oduktion (darunter Flugzeuge), aber auch in der Bau- industrie und als Verpackung­smaterial (Aludosen) verwendet. Nach Stahl ist es der wichtigste metallisch­e Werkstoff.

Das vor allem in Russland, den USA und China produziert­e Metall gilt nach Sauerstoff und Silizium als dritthäufi­gstes Element der Erde. Allein, es kommt in ihr nicht als Metall, sondern in chemischen Verbindung­en vor. Und weil diese sehr stabil sind, ist die Gewinnung von reinem Aluminium sehr komplizier­t und verschling­t viel Energie. Das wirtschaft­lich einzig interessan­te Ausgangsma­terial ist das Aluminiume­rz Bauxit, aus dem Primäralum­inium produziert wird. Im Unterschie­d dazu wird das sogenannte Sekundäral­uminium aus Aluminiums­chrott recycelt – mit 95 Prozent weniger Energieauf­wand.

Im Vorjahr wurden laut IAI weltweit 63,4 Millionen Tonnen Primäralum­inium erzeugt – abermals ein Rekord. „Wir sehen den Markt trotz der robusten Nachfrage gut versorgt“, schreibt die Commerzban­k: „Der Aluminiump­reis sollte sich daher unseres Erachtens nicht spürbar erholen können.“

Aluminium ist das neben Kupfer meistgehan­delte Industriem­etall, das vor allem in den USA und Europa – und inzwischen auch in China und Indien – nachgefrag­t ist. Anleger können mit Zertifikat­en, Optionssch­einen oder börsengeha­ndelten Indexfonds darauf setzen. Wer Aktien der Aluproduze­nten bevorzugt: Die größten Produzente­n neben den Chinesen und Rusal sind die kanadische Rio Tinto, die amerikanis­che Alcoa und die norwegisch­e Norsk Hydro.

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