Ein wahres Leichtgewicht unter den Metallen
Aluminium. Kaum ein zweites Metall ist so wichtig. Dabei kommt es in Reinform in der Natur nicht vor. Die Gewinnung aus Schrott ist sogar billiger.
Eine Ahnung davon, was passieren kann, wenn ein Großlieferant auf einem Rohstoffmarkt ausfällt, konnte man im April auf dem Aluminiumsektor bekommen. Weil der russische und weltweit zweitgrößte Aluminiumproduzent Rusal gemeinsam mit seinem Chef, Oleg Deripaska, am 6. April unter die bislang schärfsten US-Sanktionen gegen Russland geraten war, explodierte der Aluminiumpreis im Handumdrehen um knapp 30 Prozent auf das Siebenjahreshoch von über 2500 Dollar je Tonne.
Das schreckte dann selbst die Amerikaner, weshalb sie kurz später Rusal, dessen Marktkapitalisierung um nahezu 60 Prozent abgesackt war, und seinen Kunden mehr Zeit zur Umsetzung der er- hobenen Forderungen gewährten. Der Markt atmete auf, der Alupreis ging wieder zurück. Die Frist bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Sanktionen greifen sollten, wurde nun sogar bis 7. Jänner gestreckt.
Aber auch ohne Inkrafttreten der Sanktionen beträgt der Alupreis immerhin knapp 1940 Dollar, nachdem er vor drei Jahren noch unter 1500 Dollar gelegen hatte. Erklärt wird dies – abgesehen von den US-Importzöllen – mit dem zunehmenden Aluminiummangel außerhalb Chinas, zumal Brasilien Produktionskürzungen in der weltweit größten Tonerderaffinerie angeordnet hat. Überhaupt ist die globale Produktion im Oktober zurückgegangen, was vor allem an China liegt, wie das International Aluminium Institute (IAI) festhält.
Dennoch war der Alupreis – ähnlich wie andere Metallpreise – seit Anfang Oktober, als er noch bei 2200 Dollar lag, unter Druck – wegen stark fallender Aktienmärkte, des US-Handelsstreits mit China, des Einbruchs der Ölpreise und wegen eines festeren Dollars. Und so kommt die jetzige Notierung einem 15-Monats-Tief gleich.
Aufgrund des geringen Gewichts wird Aluminium vor allem in der Fahrzeugproduktion (darunter Flugzeuge), aber auch in der Bau- industrie und als Verpackungsmaterial (Aludosen) verwendet. Nach Stahl ist es der wichtigste metallische Werkstoff.
Das vor allem in Russland, den USA und China produzierte Metall gilt nach Sauerstoff und Silizium als dritthäufigstes Element der Erde. Allein, es kommt in ihr nicht als Metall, sondern in chemischen Verbindungen vor. Und weil diese sehr stabil sind, ist die Gewinnung von reinem Aluminium sehr kompliziert und verschlingt viel Energie. Das wirtschaftlich einzig interessante Ausgangsmaterial ist das Aluminiumerz Bauxit, aus dem Primäraluminium produziert wird. Im Unterschied dazu wird das sogenannte Sekundäraluminium aus Aluminiumschrott recycelt – mit 95 Prozent weniger Energieaufwand.
Im Vorjahr wurden laut IAI weltweit 63,4 Millionen Tonnen Primäraluminium erzeugt – abermals ein Rekord. „Wir sehen den Markt trotz der robusten Nachfrage gut versorgt“, schreibt die Commerzbank: „Der Aluminiumpreis sollte sich daher unseres Erachtens nicht spürbar erholen können.“
Aluminium ist das neben Kupfer meistgehandelte Industriemetall, das vor allem in den USA und Europa – und inzwischen auch in China und Indien – nachgefragt ist. Anleger können mit Zertifikaten, Optionsscheinen oder börsengehandelten Indexfonds darauf setzen. Wer Aktien der Aluproduzenten bevorzugt: Die größten Produzenten neben den Chinesen und Rusal sind die kanadische Rio Tinto, die amerikanische Alcoa und die norwegische Norsk Hydro.