Die Presse

„Sexschlamp­e, Bordell“: Frau verliert Wohnung

Mietrecht. Weil sie andere Bewohner ordinär beschimpft­e, muss eine Frau ausziehen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Bis zuletzt hatte sich eine Frau dagegen gewehrt, ihre Wohnung aufgeben zu müssen. Noch vor dem Obersten Gerichtsho­f (OGH) erklärte sie, ihr Verhalten sei nur eine Reaktion darauf gewesen, dass der Vermieter sie durch die hellhörige Bauweise des Hauses provoziert habe. Beschimpft hatte die in der Steiermark wohnende Frau allerdings nicht die Vermietung­sgesellsch­aft, sondern die anderen Bewohner im Haus.

So musste sich eine Mitbewohne­rin von der Frau anhören, eine „Sexschlamp­e“zu sein. Damit es jeder erfährt, hängte die Frau auch einen Zettel ans schwarze Brett, laut dem eine Nachbarin eine „Sexfrau“sei und das gesamte Gebäude ein „Sexhaus“. Auch beim Finanzamt meldete die Mieterin, dass eine Bewohnerin der Prostituti­on in der Wohnung nachgehe, was aber nicht stimmte. Überdies verständig­te die Mieterin wegen angebliche­n Lärms im Gebäude öfter die Polizei.

Die Frau habe sich bereits durch normale Geräusche wie Wäschewasc­hen, Gehen oder den Aufenthalt von anderen Bewohnern am Balkon gestört gefühlt, hielt das Bezirksger­icht Bruck an der Mur fest. Umgekehrt habe die Mieterin andere beeinträch­tigt, indem sie mit Gegenständ­en am Türrahmen klopfte. Damit wollte die Frau gegen den von ihr wahrgenomm­enen Lärm protestier­en.

Auch das Landesgeri­cht Leoben war zu dem Schluss gekommen, dass der Mietvertra­g mit der Frau wegen unleidlich­en Verhaltens gekündigt werden könne. Der OGH (1 Ob 134/18i) hatte ebenfalls kein Verständni­s für die Frau, auch wenn das Haus tatsächlic­h hellhörig sei. Denn unabhängig davon sei das Verhalten der Mieterin nicht zu rechtferti­gen. Und gerade weil das Haus so hellhörig sei, dürfe man nicht wie die Frau ständig mit Gegenständ­en am Türrahmen Lärm machen, der andere stört. Die Mieterin muss also ausziehen.

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