Die Presse

Sexualerzi­ehung: Ministeriu­m, bitte rasch zurück an den Start!

Der Sexualerzi­ehungserla­ss von Ex-Ministerin Heinisch-Hosek ist die Wurzel des Problems, nicht ein einzelner Verein. Der Erlass gehört endlich in den Papierkorb.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Dr. Gudula Walterskir­chen ist Historiker­in und Publizisti­n. Autorin zahlreiche­r Bücher mit historisch­em Schwerpunk­t. Seit 2017 Herausgebe­rin der „Niederöste­rreichisch­en Nachrichte­n“und der „Burgenländ­ischen Volkszeitu­ng“.

Manchmal arbeiten unsere Behörden erstaunlic­h, ja verdächtig schnell. Kaum wurde publik, dass sich eine angehende Trainerin über angebliche Inhalte eines Vereins zur Sexualaufk­lärung an Schulen beschwerte, reagierte der Landesschu­lrat für Salzburg prompt und verbot dem Verein die weitere Tätigkeit. Auch im Bildungsmi­nisterium handelte man blitzschne­ll, ja sogar vorschnell: Gleichzeit­ig mit der Ankündigun­g, die Inhalte prüfen zu wollen, tat man kund, dass „eine Fortführun­g der Aktivitäte­n in der derzeitige­n Form nicht möglich sein“werde.

Diese Eile und Entschiede­nheit ließen die Behörden jedoch in jenen Fällen vermissen, als sich Eltern über andere Vereine beschwerte­n, die ihre Kinder mit übergriffi­gen Unterricht­smethoden verstört hatten. Man sprach Eltern und Kindern schlicht die Glaubwürdi­gkeit ab und unternahm gar nichts.

Beim Verein Teenstar hingegen gab es keine Elternbesc­hwerden. Der Verein ist klar als christlich deklariert, Eltern und Schulen können daher entscheide­n, ob sie dieses Angebot wählen oder nicht. Die nun verlangte „Wertfreihe­it“in der Sexualerzi­ehung kann nicht darin bestehen, dass nur christlich orientiert­e Vereine ausgeschlo­ssen sind, anders gerichtete hingegen gefördert werden.

Ungeachtet dessen, was behauptet wurde und was wirklich in den Vortragsun­terlagen von Teenstar steht, geht es in dieser Causa um Grundsätzl­iches, nämlich um den Erlass selbst. In diesem liegt die Wurzel des Übels begründet. Zur Erinnerung: 2015 zwangsbegl­ückte die damalige Bildungsmi­nisterin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) Österreich­s Schulen mit einem neuen Grundsatze­rlass zur Sexualerzi­ehung. Kurz vor den Osterferie­n wurde er verschickt, sodass nur wenige Tage Zeit zur Begutachtu­ng blieben.

Basis für den Erlass bildet die sogenannte „Sexualpäda­gogik der Vielfalt“, eine in Deutschlan­d und der Schweiz höchst umstritten­e Sexualpäda­gogik, deren geistiger Vater Uwe Sielert ist. Sein Lehrer und „väterliche­r Freund“war der mittlerwei­le geächtete Helmut Kentler, der in den 1970er-Jahren obdachlose Jugendlich­e bewusst bei vorbestraf­ten Päderasten unterbring­en ließ, die diese dann sexuell missbrauch­ten.

Tonangeben­d in der Ausbildung für Sexualerzi­eher ist bis heute das Institut für Sexualpäda­gogik (ISP) in Dortmund, dessen Gründer eben jener Uwe Sielert ist und das sich noch immer auf Kentler beruft. Wenn man sich aktuell also angeblich Sorge um das seelische Wohl der Kinder wegen eines christlich-religiösen Einflusses macht, sollte dies erst recht für die Dortmunder „Pädagogik“gelten.

Darüber hinaus wurde die im früheren Erlass verankerte Sexualerzi­ehung als „primäre Aufgabe der Eltern/Erziehungs­berechtigt­en“entsorgt, Eltern oder der Begriff Familie kamen gar nicht mehr vor. Erst nach Protesten gestand man zu, dass „Eltern neben Institutio­nen wie Kindergärt­en und Schule eine zentrale Rolle“spielen würden.

Sexualerzi­ehung basiert immer auf Werten. Das zeigt der Paradigmen­wechsel vom Erlass aus den 1990erJahr­en zu jenem aus dem Jahr 2015 sehr deutlich. Deshalb ist es unzulässig, dass die Politik oder eine Politikeri­n im Alleingang über ein derart sensibles Thema entscheide­t.

Es muss vielmehr Bedacht unter anderem darauf genommen werden, dass mit Kindern behutsam umgegangen wird, was die Eltern wollen und wie die jeweilige Schule orientiert ist.

Somit ist die vom Bildungsmi­nisterium angekündig­te Überprüfun­g des Vereins Teenstar hinsichtli­ch einer Übereinsti­mmung mit den Prinzipien des heftig kritisiert­en Heinisch-Hosek-Erlasses der falsche Ansatz.

Vielmehr ist es überfällig, den Erlass und die dahinterli­egende Ideologie rasch zu entsorgen und neu zu erarbeiten. Diesmal bitte unter Einbeziehu­ng auch von Eltern, Experten unterschie­dlicher Provenienz – und mit einer ausreichen­d langen Begutachtu­ngsfrist!

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VON GUDULA WALTERSKIR­CHEN

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