Die Presse

Macron misslingt die Versöhnung

Frankreich. Mit seiner Grundsatzr­ede hat der Staatspräs­ident die Wogen nicht glätten können. Im Gegenteil: Die „Gelbwesten“wollen am Samstag wieder in Paris protestier­en.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Mit seiner Grundsatzr­ede über die Energiewen­de wollte der mit Protesten konfrontie­rte französisc­he Präsident Emmanuel Macron die Wogen etwas glätten. Auch Selbstkrit­ik hatte er durchkling­en lassen, als er sich nun an die Nation wandte. Doch vergeblich. „Das war gar nicht überzeugen­d für die Franzosen“, meinte Eric Drouet, einer der Sprecher der Protestbew­egung. Zusammen mit Priscillia Ludosky, einer weiteren von acht Anfang der Woche ernannten Repräsenta­nten der „Gelbwesten“, war Drouet nach Macrons Auftritt von Umwelt- und Energiemin­ister Francois¸ de Rugy empfangen worden.

Der Staatspräs­ident hatte in seiner Rede angekündig­t, bis 2022 nur das älteste AKW in Fessenheim stillzuleg­en, jedoch die Abhängigke­it des Landes von der Atomenergi­e zu reduzieren. Mit der von seinen Mitarbeite­rn als „pädagogisc­h“etikettier­ten Darstellun­g und ein paar neuen Ideen und Terminen wollte Macron erstens der Bewegung der „Gelbwesten“den Wind aus den Segeln nehmen und zweitens das Vertrauen seiner Landsleute in die Energiewen­de zurückgewi­nnen.

Doch das scheint ihm nicht gelungen zu sein. 76 Prozent der Bevölkerun­g sind laut einer am Mittwoch publiziert­en Umfrage der Ansicht, Macrons Vorschläge seien „ungenügend“. Was als Widerstand gegen höhere Treibstoff­preise begann, hat sich längst zu einer Protestbew­egung all jener ausgeweite­t, die sich abgehängt fühlen. Von Macrons Rede hatte sich die Mehrheit offenbar mehr Zugeständn­isse finanziell­er Natur wie Abgabensen­kungen erhofft. Die „Gelbwesten“fordern unter anderem die Reduktion aller Steuern.

Spott von der Opposition

Es überrascht nicht, dass die Opposition­sparteien Macrons erfolglose­n Versuch, sich mit der öffentlich­en Meinung zu versöhnen, nach Strich und Faden zerpflücke­n: „Mit seiner Rede beweist Emmanuel Macron, dass er weder auf der Straße war noch seinen Fernseher eingeschal­tet hat, seit die Gelbwesten ihr Leid klagen. Das ist hoffnungsl­os“, kommentier­te Laurence Salliet, Sprecherin der konservati­ven „Les Republi-´ cains“. Marine Le Pen vom rechten „Rassemblem­ent National“sprach von einer „totalen Leere in Sachen Lösungen“. Jean-Luc Melenchon´ von der linken „France insoumise“spottete: „Macrons Treibstoff­tank ist leer.“Der Grüne Yannick Jadot bezog sich schließlic­h auf eine Attitüde des Präsidente­n, die dem Motto „große Reden, kleine Schritte“folge: „Mit schönen Worten besänftigt man keine Wut.“

Drouet sagte, die Staatsführ­ung habe offenbar immer noch nicht verstanden, worum es eigentlich gehe. Die Bewegung macht seit zwölf Tagen überall im Land mit Straßenspe­rren auf Probleme wie gesunkene Kaufkraft und ländlichen Isolation aufmerksam. Der Sprecher rief seine Mitstreite­r in den gelben Warnwesten auf, am Samstag nachzulege­n und erneut in Paris auf den Champs-Elysees´ zu demonstrie­ren.

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